Schildbürgerbau Klinikum Klagenfurt

Das „Klinikum Klagenfurt“, das ehemalige Landeskrankenhaus, das in den Jahren 2006 bis 2009 neu erbaut wurde, ist für mich ein Beispiel für das, was im von Jörg Haider und den Freiheitlichen beherrschten Kärnten falsch gelaufen ist. Der Bau geht zielsicher am Patientenwohl vorbei, war sehr teuer, wirkt gleichzeitig angeberisch und hilflos undurchdacht und erinnert schon vier Jahre nach der Fertigstellung an das Pferd eines Rosstäuschers, von dem kurz nach dem Kauf langsam die Schminke abblättert. Das Gebäude hat nur zwei Stockwerke, dafür ist es lang und breit und sieht aus, als hätte man ein echtes Krankenhaus mit dem Schnitzelklopfer flach geprügelt. Überall auf der Welt baut man Krankenhäuser in die Höhe und in die Tiefe, was mehrere gute Gründe hat, unter anderem den der kurzen Wege. In Klagenfurt hat man auf die Erfahrungen aus aller Welt gepfiffen und trotzig im Bungalowstil gebaut. Dafür hat man sich dann auch gleich selber gefeiert und einander Preise verliehen. Schildbürgerlichkeit nennt man bei so einer Preisverleihung „innovativ“.

Betreten wir das Klinikum dort, wo es die meisten tun, nämlich vom Parkplatz aus, empfängt uns ein leerer Gang, der keinen Sinn und keine Funktion hat. 200 Meter latscht man durch diesen weiß-grauen Schlund, der sich die gesamte Breite des Gebäudes entlangzieht, als sei es der Eingang in die trostlose Unterwelt. Kein Farbklecks und kaum Grün stört den höchst deprimierenden Ersteindruck. Dann biegen wir scharf nach rechts. Nach weitern ca. 300 Metern erreichen wir die erste Rezeption mit Krankenhausangestellten, von wo aus wir dann wieder weitermarschieren müssen, bis wir jene Ambulanz oder jene Station finden, die unserer Wehwehchen behandeln kann. Überall ist alles gräulich weiß, nirgendwo Farbe, keine Gemälde, kleine Wandbemalungen, nix. Dafür allerorten Flachbildschirme, auf denen tonlos der Wetterkanal oder eine Seifenoper läuft. An Flachbildschirmen herrscht wahrlich kein Mangel, man könnte meinen, ein Elektrogeschäft hätte dringend einen Großauftrag nötig gehabt oder die Dinger sind irgendwo vom Laster gefallen, wie man in der Branche der Unschuldsvermuteten sagt. Haben wir endlich zur richtigen Abteilung gefunden, müssen wir warten. Weil Gemütlichkeit out ist, sitzen wir auf knallharten Plastiksitzbänken mit einem dünnen Stoffbezug, der um´s Verrecken nicht warm werden will, auch wenn man Stunden darauf verbringt. Ein Genuss für Kranke und Alte. Alles wirkt seltsam billig und filigran, man bekommt den Eindruck, das Gebäude und seine Einrichtung bestünden vor allem aus Kunststoff und Spanplatten. Falls wir nach der Untersuchung noch eine andere Abteilung aufsuchen müssen, geht der Wandertag weiter und wir durchqueren im Kunstlicht die vielen röhrenartigen Gänge. 95.000 flach ausgebreitete Quadratmeter wollen erst mal abgelaufen werden, da ist der tägliche Fitnessmarsch für die Patientinnen schon vorgegeben.

160 Millionen Euro wurden hier verbaut. Nachdem man sich im Gebäude umgesehen hat, denkt man an Süditalien und an Bauprojekte der Mafia, bei denen Zwei Drittel der Kosten in irgendwelchen schwarzen Kanälen verschwinden. Nicht, dass es konkrete Hinweise auf Malversationen beim Bau des Klinikums gäbe, nein, aber ich rede von Eindrücken, von Assoziationen und Bauchgefühlen, die natürlich auch völlig falsch sein können. Medizinisch gesehen scheint in Klagenfurt alles halbwegs okay zu sein, das drittgrößte Krankenhaus Österreichs ist in Sachen Heilerfolg kein schlechtes. Wenn da nur nicht dieser eigenartige Bau wäre, dieses Architektur gewordene „Fuck you, common sense“.

Ein Gedanke zu „Schildbürgerbau Klinikum Klagenfurt

  1. Das nennt man Kammsystem.
    Der Bau wurde 1zu1 aus Deutschland übertragen. Da war die Planung für Kärnten sicherlich „gratis!?“.
    Ohne Plan ist der 1. Besuch ein Chaos.

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