Back to the future

Es ist alles in Ordnung und alles hat seine Ordnung. Ein 14-jähriges Mädchen, das sich gegen Mobbing und schließlich die körperliche Bedrängung durch den Klassen-Bully, der sie in den Schwitzkasten nahm, nicht mehr anders zu helfen wusste als durch den panischen Griff zum Jausenmesser, wird vor einem österreichischen Gericht zur Sau gemacht, von Jugendamt und Sachverständigen medizinischer und psychiatrischer Provenienz zum Abschuss freigegeben, von der Richterin verhöhnt und einer Mordanklage ausgesetzt, nachdem man das Kind monatelang in den Erwachsenenstrafvollzug gesperrt hatte, und niemand sagt was, alle sind still, es herrscht  Ordnung und Gleichklang. Die österreichische Bundesregierung beschließt, Jugendliche bzw deren Eltern 400 Euro Strafe zahlen zu lassen, wenn der Jugendliche keine Schul – oder Lehrausbildung macht, wodurch  diese Regierung ihrer durchaus begrüßenswerten Initiative, jedem Jugendlichen, der am freien Markt keine Ausbildungsstelle findet, einen solchen staatlicherseits anzubieten, einen autoritären Begleitsound verpasst, der aufmerksamere Zuhörer nicht grundlos an den Arbeitszwang des viktorianischen England oder, aktueller, des semi-autoritären Ungarn unserer Tage erinnert, und wieder herrscht großes Schweigen und, das darf man daraus ableiten, breite Zustimmung. So wie bei der Abschaffung der Invaliditätsrente, die heuer schlagend wird, und ein paar Tausend Menschen in diesem Land vor existenzielle Probleme stellen wird. Niemand rührt sich, alle stimmen zu, es herrscht Ordnung im Land, Ordnung und Gleichschritt. Alternativlos sei das alles, sagen die Regierenden und die Zustimmenden, vergessend, dass Alternativlosigkeit das genaue Gegenteil von Demokratie ist. Wo Demokratie mehr ist als ein Wort in einer Sonntagsrede wird diskutiert und abgewogen, werden Alternativen besprochen, Betroffene gehört, Experten zu Rate gezogen, gibt es große Debatten in Zeitungen und deren Feuilletons, werden Gegenstimmen laut. Nichts davon gibt es hierzulande.  Hier gibt es nur die Abnicker und die „Da-kann-man-halt-nix-machen“-Seufzer. Okay, vielleicht gibt sie ja doch, die Leute, die es gerne anders machen würden, aber man hört und sieht sie nicht. Österreich kommt mir vor wie ein High-Tech-Fernsehapparat, bei dem man gerade den Ton auf Mono dreht und die Farbe auf schwarzweiß runterregelt, auf dass alles wieder so werde wie in den Nachkriegsfilmen mit Hans Moser, bloß ohne Zigaretten. Ein einig Vaterland ohne Dissens, und alles und jeder hat nur dem Wirtschaftswunder zu dienen. Was dabei stört, wird ausgesondert, bestraft und von Menschen, die alle „nur helfen“ wollen, vernichtet.

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