Wie Rassenwahn zur „Meinung“ wurde

Was von „Bild“ zu Sigmar Gabriel, von Alice Schwarzer zu Frauke Petry, von „FAZ“ zum Stammtisch in der Eckkneipe, also von deutschem Mund zu deutschem Ohr ging, dass nämlich die Kölner Polizei zu Silvester ganz hervorragende Arbeit verrichtet habe und es schon in Ordnung sei, „Nordafrikaner“ als „Nafris“ sprachlich verächtlich zu machen, endet nun, wie es von Anfang an anzunehmen war: Weder waren die nach ihrem Aussehen kontrollierten Personen sämtlich oder auch nur überwiegend „Nordafrikaner“, noch  gibt es Hinweise darauf, es wären dieselben Personen gewesen, die vor einem Jahr vor dem Kölner Bahnhof Radau machten und Frauen belästigten. Ein Rätsel konnte die deutsche Polizei bislang aber noch nicht lösen, was nicht verwunderlich ist, da es ein sehr schwieriges Rätsel ist: Warum sind rund 2000 meist junge Leute, die meisten davon Geflüchtete oder Menschen ohne Ariernachweis, zu Silvester nach Köln gefahren? Die Kölner Cops wollen hierzu eine Arbeitsgruppe einrichten, in der die feinsten Gehirne, die die Sicherheitskräfte zu bieten haben, über jenes seltsame Phänomen grübeln werden, für das  avantgardistische Sozialwissenschaftler den Begriff „Tourismus“ geprägt haben. Dass Menschen, die in kleinen Ortschaften ein tristes Leben fristen, einmal im Jahr woanders hinfahren, um der Beengtheit ihrer Existenz temporär zu entrinnen, ist ja eine völlig neuartige Mode.

Dass die Polizei nun langsam zugibt, ohne andere Grundlagen als rassistische Ängste und Vorurteile und somit grundgesetzwidrig gehandelt zu haben, wird den Marsch der Volksgemeinschaft in  Richtung Zivilisationsbruch 2.0 so wenig verlangsamen wie er diejenigen zum Verstummen bringen wird, die den Takt dazu trommeln. Von moralisch völlig verkommenen Subjekten darf man auch nicht erwarten, sie würden sich hinstellen und sagen: „Ja, ich habe Scheiße geredet/geschrieben, dafür bitte ich um Verzeihung“. Sie werden ihre Scheiße weiter verbreiten und ihren Rassismus weiterhin zu rationalisieren versuchen. Sie werden auch in Hinkunft den verbrecherischen Grundcharakter des Systems, mit dem sie sich arrangiert haben, auf andere projizieren und damit jeden ernsthaften Versuch, über Islam und Patriachat zu reden, erschweren oder verunmöglichen, weil die etwas Sensibleren und mit Gewissen Ausgestatteten eher ungern einen Diskurs führen, der zusehends von Nazis und Neofaschisten bestimmt wird. Wozu auch debattieren? Es ist doch schon lange klar, dass das Gerede über die angeblich „abgehobenen linken Eliten“, die endlich mal auf „das Volk“ hören müssten und „mit denen reden“ sollten, nichts anderes ist als die Aufforderung zur bedingungslosen Kapitulation vor der Barbarei, die sich selbst als Empfinden des „Volkes“ sieht und oft genug auch ist. Wer das nicht glaubt, soll halt mal schauen, wie so ein „Reden mit dem Volk“ ausgeht, wobei unter „Volk“ hier immer nur die rechtsextremen Schreihälse zu verstehen sind. Solche „Dialoge“ überzeugten nie die Rechten vom Irrsinn ihrer Haltungen, sondern schwemmten deren Irrsinn in die Politik und in die Parlamente, wo er in Gesetzesform gegossen wurde und wird. Fast die gesamte politische Klasse Deutschlands von der CSU bis zur Linkspartei ist der Ansicht, rechtsextreme Haltungen würden legitimer werden, je mehr Menschen sie einnehmen und dass die Wahnvorstellung, das edle deutsche Volk würde durch ein paar Menschen anderer Hautfarbe schwer bedrängt und dem Untergang preisgegeben, eine akzeptable oder wenigstens diskutable Ansicht sei.

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