Seit einiger Zeit gilt es als schick und weise, für eine „Verhandlungslösung“ mit den Taliban einzutreten. Von irgendwelchen Schlafwandlern des deutschen Feuilletons über die mittlere politische Liga (diverse EU-Regierungen) bis hinauf zu US-Präsi Obama. Was die Talibs von solchen Anbiederungsversuchen halten, haben sie gerade wieder gezeigt: Sie haben den ehemaligen Präsidenten Afghanistans, den einst zur Nordallianz gehörenden Burhanuddin Rabbani, in die Luft gesprengt, als der gerade am „Verhandeln“ war. Rabbani leitete auch eine Art Resozialisierungsprogramm für ausstiegsbereite Gotteskrieger – offensichtlich ein Riesenerfolg.
Es wird Zeit, das Geheuchle und das Verniedlichen bleiben zu lassen und der Wahrheit ins Gesicht zu blicken: Sobald die Alliierten aus Kabul abziehen, wird der jetzige Präsident Hamid Karzei am nächstbesten Laternenmast baumeln, werden zehntausende „Kollaborateure“, also Menschen, die für ihr Land etwas anders wünschten als Steinzeitklerikalfaschismus, erschossen werden, wird man alle Schulen für Mädchen schließen, wird man Fußballstadien wieder als öffentliche Frauenermordungsstätten nutzen, wird man die Bärte der Männer wieder mit dem Lineal auf die korankonforme Länge überprüfen und alles „Westlich Dekadente“, also Musik, Literatur, Kino, Wissenschaft usw. verbieten. Und selbst wenn es einer vom Westen unterstützen afghanischen Regierung gelingen sollte, die Taliban von der absoluten Macht über das ganze Land fernzuhalten, wird es einen jahre- oder jahrzehntelangen Bürgerkrieg geben.
Und wenn die barbarischen Koranschüler wieder ungestört metzeln, morden und foltern, werden die europäischen Intellektuellen mal kurz ein wenig betreten dreinschauen, danach schnell alle Schuld den USA oder besser gleich „dem Westen“ geben und angesichts der Gräueltaten und, obwohl keine Frau und kein Nicht-Taliban mehr irgendetwas mit zu entscheiden haben wird, vom „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ und von „kulturellen Besonderheiten und Sensibilitäten“ faseln.