Dass Wählen besser als Nichtwählen sei, habe ich kürzlich hier behauptet. Das stimmt ja auch. Es gibt allerdings Wählerinnen und Wähler, denen die Entscheidung, wem sie nun ihre Stimme geben sollen, besonders schwer fallen muss. Vor allem Kranke und Behinderte sollten sich fragen, wer denn ihre Interessen vertritt, wer ihre Nöte überhaupt wahrnimmt und wer ganz offen gegen sie Politik macht. SPÖ und ÖVP haben bereits gezeigt, was sie von dieser Wählergruppe halten, nämlich nichts. Diese Parteien haben die Invaliditätspension für alle Menschen unter 50 abgeschafft, ein europaweit fast einzigartiger zivilisatorischer Rückschritt, der noch dazu von ganz besonderer Bösartigkeit gekennzeichnet ist, da diese Maßnahme, die ab 2014 viele Menschen in Obdachlosigkeit und Selbstmord treiben wird, nicht nur jedem Gedanken von Solidarität widerspricht, sondern auch noch mit den niedrigen Instinkten jener spekuliert, die es ganz gerne sehen, wenn auf die Schwachen hingetreten wird. SPÖ und ÖVP fallen also als wählbare Parteien aus, wenn man krank, behindert auch auch nur ein halbwegs sozial denkender Mensch ist. Die FPÖ fällt natürlich auch weg. Die Blauen hassen Schwache und Kranke schon aus ideologischen Gründen, und es gab von freiheitlicher Seit Applaus für die Abschaffung der IV-Renten. Dasselbe gilt für das BZÖ. Beim Team Stronach weiß niemand so genau, wie die sich gegenüber Kranken positionieren, aber Stronachs Rufe nach der Todesstrafe und die Absichten zur Durchökonomisierung der Gesellschaft lassen Böses ahnen. Die Grünen sind an sich keine unsoziale Partei, aber soziale Themen spielen in ihrem Wahlkampf kaum eine Rolle, und den sozialpolitisch engagierten Karl Öllinger haben sie auf ihrer Wahlliste weit nach hinten gereiht. Grün zu wählen kann also aus Perspektive sozial Schwacher nur in Kombination mit einer Vorzugsstimme für Öllinger in Frage kommen. Bleiben noch Piraten, NEOS und KPÖ. Diese drei unterscheiden sich ideologisch sehr, doch sie alle haben zumindest Forderungen nach einer Grundsicherung im Programm, einer Grundsicherung, die ohne Bedingungen ausbezahlt wird. Damit sind die Letztgenannten die Einzigen, die ein bedingungsloses Bekenntnis zur Menschenwürde Kranker und Behinderter abgelegt haben.
Schlagwort: BZÖ
Schwarz-blau-oranger Mob
ÖVP, FPÖ und BZÖ zeigen sich von ihrer herzlichsten Seite und gehen als Polit-Mob auf Mindestsicherungsbezieherinnen los. ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner keift, dass diese Menschen, die mit 750 Euro überleben müssen, „engmaschiger kontrolliert“ werden sollten. Der Umgang der Behörden mit den Armen sei „zu lasch“. Die FPÖ geifert, die Mindestsicherung sei „ein Selbstbedienungsladen für Migranten“ und das BZÖ möchte die, die von diesem Taschengeld abhängig sind, zur Zwangsarbeit verpflichten. Gleichzeitig startet die ÖVP eine Kampagne zur Einführung des 12-Stunden-Arbeitstages. Die SPÖ tut empört, hat aber selber die Invaliditätspension für Menschen unter 50 abgeschafft und passt daher ausgezeichnet zu dieser Schlägertruppe, die auf die Schwächsten einprügelt. Das alles passiert, ohne dass sich ernsthafter Protest regen würde. Das Land hat sich verändert oder findet, je nach Betrachtungsweise, mental und politisch wieder zurück zu dem Zustand, in dem es vor den sozialdemokratischen Reformen der 70er Jahre war. Die „Gutmenschen“ sind geschlagen, man darf wieder gegen Minderheiten und Schwache und Arme hetzen und ohne jeden Anflug von Scham niedrigste Instinkte wie den Fressneid ansprechen.
Kärnten-Wahl: Historische Wende
Das Ergebnis der Kärntner Landtagswahlen ist historisch. SPÖ und Grüne kommen gemeinsam auf fast 49 Prozent der Wählerstimmen, verfügen zusammen im Landtag über 18 von 36 Mandaten und in der Landesregierung über eine Mehrheit von vier zu drei Stimmen. Nur um sicher zu gehen, dass das auch alle verstanden haben: Wir reden von Kärnten, jenem Bundesland, in dem man noch vor kurzem für verrückt erklärt worden wäre, hätte man eine Beinahe-Absolute für Rot-Grün vorausgesagt. Die FPÖ hatte sich, mal als BZÖ, mal als FPK verkleidet, in diesem Land breit gemacht und es wie ein mittelalterliches Lehen unter ihren Günstlingen aufgeteilt, hatte alle Bereiche des Lebens zu durchdringen versucht, wollte die absolute Hegemonie erzwingen, erkennbar daran, dass sie Kärnten immer als das „ihre“ bezeichnete, dass Werbematerialien des Landes von denen der FPÖ nicht mehr zu unterscheiden waren, dass Kritik an der Politik der Freiheitlichen mit geistigem Landesverrat gleichgesetzt wurde, dass jeder Posten und jede Förderung, die das Land zu vergeben hatte, daraufhin abgeklopft wurden, ob die möglichen Nutznießer auch ja brav das Hohelied auf die Blauen/Orangen sangen. Es war ein rechts-autokratisches Klima, in dem dann Kreaturen gediehen, die neben dem frech grinsenden Jörg Haider frech grinsend sagten, man wolle ein „Lager“ erreichten, um dort „straffällige Ausländer zu konzentrieren“. Was freilich nur ein besonders widerwärtiges Ablenkungsmanövern war, denn das wahre Ziel der Haider-Gang war kein in erster Linie ideologisches, sondern ein ganz vulgär kriminelles, die Ausplünderung des Landes nämlich, die vom Filetieren der landeseigenen Hypo-Bank zugunsten einer erlesenen Clique von Superreichen und Balkan-Mafiosi über Unter-Wert-Verkäufe von Landesvermögen an mutmaßlich fleißige Parteispender bis hin zum habituellen Gebrauch von Landesmitteln zur Parteipropaganda noch lange die Gerichte beschäftigen wird. Aus dem Kriminal entlehnt war auch die Taktik, sich den Machterhalt trotz der offensichtlichen Malversationen zu erhalten: Man band möglichst viele Menschen, ob kleine Schalterbeamtin oder Industrielle, in die undurchsichtigen Geschäfte ein, verteilte ein paar Brocken des Gewinns und versuchte, den Rest der Bevölkerung mit einer Mischung aus gelegentlichen Wohltaten und Drohungen ruhig zu halten. Und viel zu lange schien es, als kämen sie damit durch. Als Haider noch lebte, wickelte der sogar große Teile der Presse mit seinem Trick-or-Treat-Gehabe um den Finger. Wer brav war, wurde charmant umschmeichelt und bekam ein paar Goodies, wer aufmuckte, sah sich einer Flut von Interventionsversuchen ausgesetzt, wobei die Blauen selbst vor einer Methode, die man sie aus totalitären Systemen kennt, nicht zurückschreckten, nämlich der Willkür als Mittel zur Verbreitung von Angst und Schrecken. So entfesselte FPK-Chef Kurt Scheuch ohne jeden Grund einen Kleinkrieg gegen den Pressefotografen Gert Eggenberger, einfach nur um zu zeigen, dass man sich jeden vorknöpfen könnte, wenn man nur wollte. Und die Klagenfurter FPK versuchte, den ihr nicht genehmen Magistratsdirektor Peter Jost beruflich zu vernichten. Oder nehmen wir den Fall Rudolf Schratter! Die FPK versucht seit Jahren, den ehemaligen SP-Bürgermeister von Hüttenberg zu kriminalisieren, und obwohl die Staatsanwaltschaft alle Ermittlungen eingestallt hat, lassen die Blauen den Mann nicht in Ruhe. Es gibt in Kärnten Hunderte Geschichten von Menschen, die ähnliche Erfahrungen mit blauer Willkür gemacht haben.
In diesem gesellschaftlichem Klima, das zwischen Angst und hinter vorgehaltener Hand immer lauter ausgedrückter Wut pendelte, schaffte nun SPÖ-Chef Peter Kaiser das, was kein Meinungsforschungsinstitut und kein politischer Beobachter vorhergesagt oder auch nur zu denken gewagt hatten: Er machte die Sozialdemokratie wieder zur stärksten Partei im Land und deklassierte die Freiheitlichen um 20 Prozent! Bis zuletzt gingen alle Umfragen von einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus, doch diesmal trat der sogenannte „FPÖ-Effekt“ genau umgekehrt ein. Der „FPÖ-Effekt“ bezeichnete lange das Verhalten von Menschen, die sich bei Umfragen nicht trauten zuzugeben, dass sie die Freiheitlichen wählen wollten, weshalb die FPÖ oft bei Wahlen stärker abschnitt, als es die Demoskopen berechnet hatten. In Kärnten trauten sich diesmal offenbar viele nicht zu sagen, dass sie die Sozialdemokraten wählen würden – und taten es in der Wahlzelle dann doch, mit überwältigenden 37 Prozent. Es ist ein verdienter Wahlsieg, der nicht nur mit der Unzufriedenheit der Kärntnerinnen und Kärntner mit den blauen Skandalen zu tun hat, sondern auch beweist, dass ein seriöser und intellektueller Mensch wie Peter Kaiser sich weder auf das Niveau eines Schmutzkübelwahlkampfs herablassen, noch sich selbst verbiegen und den Trachtenkasper geben muss, um gegen Populisten und Demagogen zu gewinnen. Kaiser gewann letztendlich auch, weil er die Antithese zum Typus des freiheitlichen Bierzeltpolitikers ist. Er trägt Zweireiher statt Kärntneranzug, benutzt, horribile dictu, manchmal Fremdwörter und kaschiert nicht einmal seine Kurzsichtigkeit mit Kontaktlinsen. Und im Wahlkampf hatte er einen Apparat hinter sich, der zwar nicht über viel Geld, dafür über umso mehr Engagement verfügte. Die SPÖ-Funktionäre gingen ganz altmodisch Klinken putzen, von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf (Hölle, die kamen sogar zu mir in den dreinhalbten Stock ohne Lift) und sie arbeiteten mit ARGUMENTEN, eine Variante der politischen Überzeugungsarbeit, die viele schon vor 30 Jahren für tot erklärt hatten. Und auch das ist historisch an dieser Wahl: Die Freiheitlichen setzten auf eine Materialschlacht sonder gleichen, die Briefkästen der Leute quollen über von blauen Propagandabroschüren und an jeder Ecke grinste FP-Kandidat Dörfler von einem Plakat. Doch die Argumente siegten, der unfassbar teuere Wahlkampf der FPK, von dem noch zu klären sein wird, wer ihn bezahlte, versagte.
Noch ein bisserl strahlender wirkt der Wahlerfolg der SPÖ wenn man bedenkt, dass mit Gerhard Köfer ein populärer roter Bürgermeister zum „Team Stronach“, der Parteischöpfung des kanadischen Milliardärs Frank Stronach, übergelaufen war, was dazu führte, dass die Sozialdemokraten im Bezirk Spittal nur sehr schwache Zugewinne verbuchen konnten. Ohne Köfers Parteiwechsel wäre womöglich eine Vier vor dem SP-Ergebnis gestanden. Aber das ist überflüssige Spekulation, das Team Stronach hat den Einzug in den Landtag und einen Sitz in der Landesregierung geschafft, und vor allem letzteres ist ja nur positiv, müssen die Stronachisten doch nun beweisen, dass sie auch arbeiten können statt bloß schwammige Parolen von „Fairness, Wahrheit und Transparenz“ billig unters Volk zu bringen. Während sich die Freiheitlichen mehr als halbiert haben, konnten die Grünen ihren Stimmenanteil verdoppeln. In Kärntens kleinen Großstädten Klagenfurt und Villach schnitten sie, was erwartet werden durfte, besonders gut ab. Das lässt darauf hoffen, dass in Kärnten endlich auch das brennende Problem des mangelhaften öffentlichen Verkehrs angegangen wird. Sogar in der Landeshauptstadt ist der, der keinen Pkw hat, arm dran, denn an den Haltestellen wartet man derzeit oft mehr als eine halbe Stunde auf den nächsten Bus, was gerade im Winter kein Vergnügen und schon gar kein Anreiz, auf das Auto zu verzichten, ist. Und natürlich darf man nicht vergessen, dass wir es der Hartnäckigkeit der Grünen zu verdanken haben, dass die blau-schwarzen Skandale der vergangenen 15 Jahre endlich vor Gericht gelandet sind, zumindest ein erster Teil davon. Von gestärkten Grünen erhoffe ich mir also auch mehr Sauberkeit in der Politik.
Dass die Kärntner ÖVP, die mit Josef Martinz und Birnbacher bis zum Hals im Skandalsumpf steckte, „nur“ mit einem Verlust von zweieinhalb Prozent abgestraft wurde, ist wohl auf zwei Faktoren zurückzuführen. Erstens haben die neuen VP-Spitzen Obernosterer und Waldner recht glaubhaft innerparteilich reinen Tisch gemacht und jene, deren Verstrickungen mit der Haider-Gang zu tief waren, aus ihren Positionen entfernt. Und zweitens hat Obernosterer gezielt die Kernwählerschicht bedient, zum Beispiel mit seiner Forderung, die Mindestsicherung müsse gekürzt werden. Sowas kommt bei Hoteliers, Bauern sowie Klein- und Mittelunternehmern immer gut an, da es der Lohndrückerei dient. Taktisch geschickt auch die Ansage Obernosterers, er werde nicht mit den Haider-Kreaturen Scheuch, Dörfler und Dobernig zusammenarbeiten. Die Packelei mit diesen wandelnden Unschuldsvermutungen war gerade vielen Bürgerlichen immer schon leicht unangenehm, ein wenig peinlich gar. Trotz der leichten Verluste kann die Kärntner ÖVP sich ebenfalls als Siegerin des Abends empfinden, denn ihr wurde ja von vielen bereits ein Fall unter die Zehn-Prozent-Marke vorhergesagt.
Jene gut elf Prozent der Wählerinnen, die dem Team Stronach ihre Stimme gegeben haben, sind wohl großteils Menschen, die von der Politik der etablierten Parteien so frustriert sind, dass sie mit ihrer Entscheidung Dampf ablassen wollten. Ich denke nicht wirklich, dass die Stronachwähler alle davon überzeugt sind, ein Milliarden schwerer Greis hätte echte Lösungsansätze parat, wo der doch bislang jeden Ansatz eines konkreten Programms vermissen lässt und stattdessen einen seltsamen Singsang aus NLP und Managerweisheiten anstimmt. Und die sechseinhalb Prozent für Josef Buchers Haider-Memorial-Party BZÖ? Das waren diejenigen unter den einstigen Haider-Jüngern, die seine Botschaft weniger als eine rechtsnationale, als viel mehr eine des Hedonismus und des Wirtschaftsliberalismus interpretierten. Keine wirklich gefährlichen Leute (im Vergleich zur FPÖ), aber halt auch keine Sympathiebolzen oberster Rangordnung. Das BZÖ ist Österreichs FDP, das trifft es noch am besten.
Zuletzt: Die „Allianz Soziales Kärnten“ hatte kein Leiberl, aber wie sollte es auch bei so einer Elefantenstampede? Ich finde es ehrenwert und ausbaufähig, eine Alternative zu der vor allem auf Bundesebene viel zu weit nach rechts gerutschten SPÖ aufzubauen (dem Peter Kaiser, der als Vorbilder gerne Bruno Kreisky und Che Guevara angibt, wird auch der schärfste Linke nur schwer rechte Tendenzen unterstellen können), aber es war klar, dass dies unter diesen Voraussetzungen zum Scheitern verurteilt sein würde. Es sind gute und nette Menschen bei der „ASOK“, aber dass sie sich eben so abkürzt, mag man zwar als hübsche Geste der Solidarität gegenüber den ausgebeuteten Griechen sehen, für den gemeinen Wähler ist allein schon eine phonetische Ähnlichkeit zu griechischen Parteien eher abschreckend.
Es war ein historischer Tag. Kärnten ist wieder frei, und niemand muss sich mehr dafür genieren, aus dem Bundesland zu stammen, in dem eine rechte Gang ungestraft ihr Unwesen treibt, denn dieses Treiben ist ab heute vorbei. Ich bedanke mich dafür bei all jenen, die dafür seit vielen Jahren gekämpft haben. Bei Journalistinnen und Bloggern, bei aufrechten Bürgerinnen und Zivilgesellschaftern, bei jenen Intellektuellen und Künstlerinnen, die standhaft geblieben sind, bei allen Menschen, die nicht nach außen oder innen emigrierten, und natürlich bei jenen Politikerinnen und Politikern, die nicht locker gelassen haben und durchgehalten haben in dieser unangenehmen Umgebung. Das ist euer Tag, das ist unser Tag. Lasst uns Kärnten wieder zu einem lebenswerten Platz machen!
Haider und die Buben
Ich kenne Harald Doberning, diesen Mr. Smithers der Kärntner Politik, nicht persönlich, aber ich habe Bilder und Eindrücke von ihm im Kopf. Zum Beispiel wie er sich von hinten an Parteikollegen anschmiegt, diesen etwas ins Ohr flüstert und dann in die Kamera grinst. Mit diesem Grinsen, das von man auch von Stefan Petzner, Karl-Heinz Grasser und weiteren aus Jörg Haiders privatem Labor entsprungenen Figuren kennt, das überhebliche Grinsen der viel zu früh im Leben nach viel zu weit oben Katapultierten, die nie lernen mussten und konnten, dass es noch etwas anderes gibt als den Zweck, der jedes Mittel heiligt. Moralische Richtlinien und das Strafgesetzbuch zum Beispiel. Ich halte diese Leute nicht einmal für von sich aus besonders verdorben, ich halte sie für aus der natürlichen charakterlichen Entwicklung Herausgerissene. Dobernig studierte Betriebswirtschaft in Klagenfurt, war dann Lehrling bei der Hypo und wurde gleich danach von Haider rekrutiert und zu dessen Bürochef gemacht. Und kurz darauf, er war gerade 28 Jahre alt, wurde er schon Finanzlandesrat des Landes Kärnten. Ein Mann, der über praktisch keine Lebenserfahrung verfügte, nie aus Kärnten hinausgekommen war und niemals einen richtigen Beruf gehabt hatte, wurde mit einem der verantwortungsvollsten politischen Ämter Österreichs betraut. Aber das war keine Premiere. Schon zuvor hatte Jörg Haider den 25-jährigen Karl-Heinz Grasser, ebenfalls einer, dessen damalige Lebensbilanz sich in einem Studium an der Universität Klagenfurt erschöpfte, zum Stellvertretenden Landeshauptmann gemacht. Und Stefan Petzner, der – „Überraschung“ – an der Uni Klagenfurt Publizistik studiert hatte, avancierte im zarten Alter von 25 zum Landesgeschäftsführer von Haiders Partei. Das sind nur drei prominente Beispiele für Haiders Methode, blutjunge Männer in hohe Positionen zu hieven. Journalisten nannten das die „Buberlpartie“.
Ich behaupte nicht, dass junge Menschen ungeeignet für hohe politische Funktionen wären, weil sie jung sind. Was ich behaupte ist, dass Jörg Haider ganz bewusst junge und damit zwangsläufig noch unerfahrene Männer, noch dazu solche, die außer Kärnten nichts kannten, mit Ämtern betraute, die eine gewisse persönliche und moralische Reife voraussetzten, welche diese jungen Herrschaften noch nicht hatten, und das machte Haider nicht, weil ihm langweilig war, sondern aus mehreren aus seiner Perspektive guten Gründen. Erstens ist so ein frisch von der Provinzuni engagierter junger Mann in jeder Weise formbarer und manipulierbarer als ein erfahrener Polit-Hase, der die Tricks eines Fuchses wie Haider schon kennen könnte. Zweitens sind junge Männer, denen man über Nacht Karrieren eröffnet, für die andere Menschen zumeist die 40 überschreiten müssen, extrem anfällig dafür, der Versuchung zu erliegen, die rasant erreichten Machtpositionen in vollen Zügen auszukosten, will heißen: zu missbrauchen. Drittens ist einer, der als Qualifikation für sein Dasein als Spitzenpolitiker nichts anderes vorzuweisen hat, als das Auserwählt-Sein durch einen mächtigen Führer, natürlich voll und ganz von seinem „Auserwähler“ abhängig und muss diesem folgen, auch wenn der den Weg ins Kriminal beschreitet. Es würde mich nicht wundern, wenn Haider im Gespräch mit seinen Schöpfungen den Frankenstein´schen Satz „Ich habe dich erschaffen, ich kann dich auch vernichten“ fallen hätte lassen. Viertens war diese spezielle Personalpolitik Haiders eine Form der Propaganda, die jungen Leuten signalisierte, dass man in Haiders Diensten sehr schnell sehr weit nach oben kommen konnte, während man sich in den anderen Parteien zumeist eine mühsame Ochsentour durch die Institutionen ebenso antun musste wie, horribile dictu, innerparteiliche Wahlen. Und Fünftens zeigte Haider der von ihm verhassten Zweiten Republik, dem „System“, wie er es gerne nannte, den Stinkefinger damit, dass er Positionen und Regierungsämter, die zuvor doch so etwas wie respektabel gewesen waren, mit Milchbuben statt mit Respektspersonen besetzte.
Als sich der Schöpfer volltrunken über mehrere hundert Meter Südkärntner Straße verteilte, ließ dies seine Kreaturen verwirrt und verängstigt zurück (mit der Ausnahme Grasser, denn der hatte sich rechtzeitig in die Arme der Bundes-ÖVP geflüchtet, wo er mutmaßlich noch viel größere und profitablere Unschuldsvermutungen ansammeln konnte als in Kärnten). Seither versuchen die Buberln, ohne ihren Übervater zu funktionieren, doch mit Haiders VW Phaeton zerbröselte gleichzeitig auch das Netz, in dessen Mitte „der Jörg“ gesessen und alles kontrolliert hatte. Nun zerren die im Diesseits Zurückgebliebenen nach allen Richtungen, kämpfen verbissen dagegen an, dass Medien und Justiz immer mehr zu dem Schluss kommen, das System Haider sei eines der organisierten Kriminalität gewesen, versuchen mal mit deutschnationalen, mal mit pseudo-weltläufigen Sprüchen die einstigen Profiteure, Wählermassen und Sympathisanten bei der Stange zu halten und finden in all dem Durcheinander nicht die Zeit, sich zu Erwachsenen zu entwickeln. Und so kommt es auch, dass ein Dobernig es bis heute nicht schafft, bei seiner Mama auszuziehen und auch genau so wirkt, wie ein verzogenes Bübchen halt, mit einer kaum vorhandenen Kritikfähigkeit und einer immer wieder hervorbrechenden trotzköpfigen Aggressivität.
Kärnten: Risse in der Schweigemauer
Vor zwei Jahren schrieb ich dieses: Mutmaßlich ist die Hypo AA unter der Deckung von Jörg Haider, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zu einem Global Player in der Szene des Organisierten Verbrechens geworden und hat in großem Stil Gelder der kroatischen und italienischen Mafia gewaschen. Mutmaßlich hat die Elite des österreichischen, deutschen und südosteuropäischen Finanzadels bei diesen Geschäften mitgemischt und hat dann beim Verkauf der Hypo an Bayern auch noch durch Insiderinformationen einen goldenen Schnitt auf Kosten der Steuerzahler gemacht. Mutmaßlich haben sich FPÖ/BZÖ und die ÖVP von der Hypo großzügig finanzieren lassen. Mutmaßlich sind Kredite der Hypo, für die Jörg Haider eine Landeshaftung auf Steuerzahlerkosten übernahm, “verschwunden”, also ohne Aussicht und Absicht auf Rückzahlung in private Taschen gewandert. Mutmaßlich wanderte ein Teil dieser Gelder dann in die Parteikassen oder die Kassen parteinaher Personen von FPÖ/BZÖ und ÖVP. Mutmaßlich bestand eine länderübergreifende und organisierte kriminelle Zusammenarbeit zwischen österreichischen Politikern und Bankmanagern mit deutschen, kroatischen, russischen und italienischen Verbrechern. Mutmaßlich ist die Causa Hypo der größte Kriminalfall der Zweiten Republik. Mutmaßlich wurde und wird Kärnten von der Mafia regiert. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Der ehemalige Kärntner ÖVP-Chef Georg Wurmitzer sagt nun das: „Ich bin unfreiwillig zurückgetreten. Im Jahr 2003 hat man mir das Angebot unterbreitet, das Land Kärnten solle eine Wandelschuldanleihe von 500 Millionen von der Hypo aufnehmen. Ich habe das abgelehnt, aus zwei Gründen: Diese Wandelschuldanleihe würde später aus Geldmangel nicht zurückgezahlt werden können, was sich auch so herausgestellt hat“ (…). In dieser Periode wurde viel an Landesvermögen verkauft, und vor allem wurde die Hypo verschenkt – die Mehrheit der Hypo-Anteile wurde verschenkt. Das hat dazu geführt, dass, ohne dass die Hypo bezahlt wurde, jemand die Anteile erwerben konnte und ein tolles Geschäft gemacht hat – aber nicht das Land, obwohl die Hypo mehrheitlich mit 52 Prozent im Eigentum des Landes war“, so Wurmitzer. Die Gruppe um Tilo Berlin und sein Konsortium hätten „massiv auf Kosten der Steuerzahler profitiert“, und das nicht nur mit dem Wissen, sondern „mit Zustimmung“ der damaligen Politiker, so Wurmitzer.
Wir stehen gerade erst am Anfang der Aufarbeitung dieses Megafinanzverbrechens. Es verdichten sich die Hinweise darauf, dass an diesem Verbrechen die Spitzen der österreichischen Politik beteiligt waren. Sogar Teile der Kärntner SPÖ dürften mitgemacht haben, worauf zumindest die Unterzeichnung der Wandelschuldanleihe durch den damaligen SP-Chef Peter Ambrozy hindeutet. Interessant ist ja auch, dass man vor all diesen Ereignissen in ganz Kärnten systematisch Personen, von denen man mit gutem Grund dachte, sie hätten ein Gewissen, aus vielen sensiblen Positionen entfernte. Das reichte von zwei ÖVP-Vorsitzenden bis hinunter zum Lindwurm, der ja im Jahr 2002 als Pressesprecher der SPÖ Kärnten abgesetzt und durch einen Mann ersetzt wurde, der seine charakterliche Eignung für den Kärntner Sumpf gleich mal dadurch unter Beweis stellte, dass er in großem Stil Parteigelder veruntreute. Es gab also den teilweise erfolgreichen Versuch, ganz Kärnten im Sinne des organisierten Polit- und Wirtschaftsverbrechens gleichzuschalten, indem man willige, am besten leicht erpressbare Mitläufer installierte, wo immer das möglich war. In der SPÖ hat man 2006 die Notbremse gezogen und ist seither zumindest auf Landesebene auf Distanz zu den Machenschaften des „System Haider“, das in Wahrheit ein System Haider-Schüssel war, gegangen. Bei FPÖ/BZÖ/FPK und bei der ÖVP hingegen sind großteils immer noch dieselben Personen an den Schalthebeln, die beim, man kann es nicht anders sagen, Ausrauben Kärntens an vorderster Front dabei waren. Und es wird immer klarer, dass dieser Raubzug, von dem in erster Linie eine Gruppe von Millionären und Milliardären, in zweiter Linie auch Parteikassen und Parteibonzen profitierten, nur durchgeführt werden konnte, weil es dafür politische Deckung der Bundes-ÖVP gab, die übrigens seit vielen Jahren das Justizministerium und das Innenressort in der Hand hat.
Wir kratzen gerade erst an der Oberfläche, doch langsam bekommt diese Staumauer aus Schweigen, Komplizenschaft, Erpressung und Bestechung immer mehr Risse. Wenn dieser Damm bricht, wird in Österreich politisch kein Stein mehr auf dem anderen bleiben.
Schon wieder Unschuldsvermutungen
Gegen den ehemaligen österreichischen Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Horbach (FPÖ/BZÖ) stehen Korruptionsvorwürfe im Raum: Demnach soll die Telekom über den Lobbyisten Peter Hochegger mehr als eine Viertelmillion Euro für Gorbachs Sekretärin gezahlt haben. Gegenleistung von Gorbach soll eine für die Telekom lukrative Novelle gewesen sein. Die Universaldienstverordnung, die die Verrechnung der Telekoms untereinander regelt, soll unter Gorbach im Jahr 2006 „den Wünschen der Telekom angepasst“ worden sein. Die Telekom Austria habe dadurch Mehreinnahmen von mehr als 10 Mio. Euro pro Jahr erzielt.
Und weiter: An das BZÖ sollen laut „News“ in diesem Zusammenhang 600.000 Euro von der Telekom geflossen sein, die Partei streitet die Verantwortung der heutigen Parteiführung von Josef Bucher, der seit April 2009 im Amt ist, ab. Die Partei verwies in diesem Zusammenhang auf den damals zuständigen Generalsekretär Uwe Scheuch sowie auf den damaligen Bundesgeschäftsführer Arno Eccher (er stammt aus dem Umfeld des früheren Infrastrukturministers und BZÖ-Chefs Hubert Gorbach und ist mittlerweile FPÖ-Landesgeschäftsführer in Vorarlberg).
Und noch weiter: Auch die Polizeifunk-Neuvergabe unter Ex-Innenminister Ernst Strasser (V) werde neu aufgerollt, so „News“. Demnach zahlte die Telekom an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly 1,1 Mio. Euro unter dem Projekttitel „Infotech“, die aber ursächlich im Zusammenhang mit der Neuvergabe des Polizeifunkprojekts des Innenministeriums stehen sollen. Unter Strasser wurde der Auftrag dem Konsortium mastertalk entzogen und an ein Konsortium von Motorola und Alcatel vergeben, die Telekom Austria war Zulieferer und hat laut Magazin mehr als 50 Mio. Euro durch das Geschäft verdient.
Hm, schon interessant dass einmal mehr die Namen Uwe Scheuch, Alfons Mensdorff-Pouilly und Ernst Strasser im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Korruptionsskandal auftauchen. Mit solchen Leuten, für die die Unschulds-, aber nicht die Sympathieträgervermutung gilt, hat seinerzeit Wolfgang Schüssel (ÖVP) fast zwei Legislaturperioden lang Österreich regiert, was kein gutes Licht auf die moralischen Kapazitäten der Volkspartei (und schon gar nicht der FPÖ) wirft. Und die ÖVP schließt eine neuerliche Koalition mit diesen „Leistungsträgern“ der besonderen Art nicht aus, Anstreifen am Neonazismus hin, rekordverdächtige Verstrickung in mutmaßliche Kriminalfälle her.
Aber vielleicht kommt ja auch diesmal nichts heraus bei der Sache, denn die Staatsanwaltschaft Wien hat schon einmal in einem ähnlich gelagerten Fall die Ansicht vertreten, es handele sich keineswegs um Korruption, wenn Lobbyisten dem Staat grotesk überhöhte Rechnungen stellen und der Staat diese auch bezahlt….
Neulich in Bizarro World…
Haider-Saddam-Gaddafi-Connection
Dem Nachrichtenmagazin „profil“ liegen neue Indizien vor, wonach Jörg Haider von Saddam Hussein mindestens fünf Millionen Euro bekommen haben soll. Auch die Hinweise auf mutmaßliche Geldflüsse von Libyen nach Kärnten verdichten sich. In dem Krimi um dubiose Geldflüsse, Liechtensteiner Briefkastenfirmen und „verschwundene“ Hypo-Milliarden spielt eine Person eine zentrale Rolle: Der ehemalige kroatische Verteidigungsminister und General Vladimir Zagorec, der zur Zeit in seiem Heimatland eine mehrjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs absitzt, weil er aus dem Tresor des Ministeriums einfach einen Koffer mit Diamanten im Wert von rund rünf Millionen Dollar mitgehen hat lassen. Im Jahr 2000, als in Österreich eine Koalition aus ÖVP und FPÖ regierte, setzte sich Zagorec nach Wien ab. Man muss wissen, dass Österreich bei kroatischen Kriminellen aller Art einen hervorragenden Ruf als Fluchtort besitzt, weiß man doch in diesen Kreisen, dass selbst international gesuchte Kriegsverbrecher wie Milivoj Asner, an dessen Händen das Blut tausender Juden, Serben und Zigeuner klebt, seit Jahrzehnten unbehelligt und von einflussreichen Leuten wie Jörg Haider und seinen Gesinnungskameraden beschützt ein angenehmes Leben in Klagenfurt führen. Bei Zagorec war jedoch der Druck der kroatischen Behörden so groß, dass man sich um eine Auslieferung nicht mehr drücken konnte.
Abgesehen von der Mammutaufgabe für Justiz und Medien, die schwindelerregenden Deals der Haider-Gang aufzuklären, darf der vielleicht wichtigste Aspekt nicht unbeleuchtet gelassen werden: Was verband Haider, Hussein Gaddafi und kroatische Politgangster miteinander? Meiner Meinung nach der völlige Mangel an Skrupel und Moral, die feste Überzeugung, Gesetze und Spielregeln könnten nach Belieben zum eigenen Vorteil ignoriert werden sowie eine tief empfundende Verachtung für den demokratischen Rechtsstaat. Und noch etwas hatten die Herrschaften gemein: Den Hass auf Juden im Allgemeinen und auf Israel im Speziellen.
Was Saddam Hússein und Muammar Gaddafi betrifft, muss ich diese These wohl nicht näher erläutern. Der eine hat zwei Angriffskriege geführt, hundertttausende seiner eigenen Staatsbürger ermordet und palästinensische Selbstmordattentäter finanziell unterstützt, der andere unterstützte jahrzehntelang den internationalen Terrorismus. Jörg Haider musste kleinere Kriminalbrötchen backen, aber das auch nur, weil er bloß in einem unbedeutendem Kleinstaat eine gewisse Rolle spielte. Aber er hat Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs ignoriert, hat ihm missliebige Personen ohne zu zögern verleumdet und hat oft genug durch falsche Unterstellungen Existenzen zerstört, hat das Bundesland Kärnten de facto und wissentlich in den Ruin getrieben, hat die slowenischsprachige Minderheit in Kärnten systematisch verhöhnt, hat Mehrheiten gegen Minderheiten aufgehetzt, hat ein Anti-Ausländer-Volksbegehren initiiert und damit einen langjährigen Wunschtraum der neonazistischen Szene wahr werden lassen, hat alte Nazis öffentlich dafür gelobt, ihrer Überzeugung treu geblieben zu sein, hat politische Gegnern dämonisiert und dehumanisiert („Falotten“, „Filzläuse“ etc) und ihnen die Vernichtung mit Blausäure angedroht (und er wusste ganz genau, dass Blausäure nichts anderes ist als Zyklon B, das Gas, das zur Massenvernichtung der europäischen Juden benutzt wurde), hat Winston Churchill als „verabscheuungswürdigste historische Persönlichkeit“ bezeichnet, die Österreichische Nation in Nazi-Tradition als „ideologische Missgeburt“ beschimpft, hat die Bevölkerung zur Denunziation von „Kriminellen“ aufgerufen, wobei seine Partei quasi Polizei und Justiz in einem werden hätte sollen, kurz: Sie war schon eine rechte Drecksau, diese noch heute von seinen ihren Jüngern und Komplizen heiligenhaft verehrte und von Journalisten konsequent verharmloste Gestalt. Und eines ist besonders pikant: Haider, dessen Diadochen im Zuge der langsamen Aufklärung ihrer Missetaten stets auf die Unschuldsvermutung pochen, hat dieses Rechtsgut selbst mit Füßen getreten, indem er mutmaßlich straffällig gewordene Asylbewerber in eine Art Internierungslager auf der Saualm sperren ließ – eine Attacke auf den Rechtsstaat, die in der westlichen Welt ihresgleichen sucht. Jörg Haider war von der Persönlichkeitsstruktur und seinen Handlungen her betrachtet also viel näher an Saddam und Gaddafi dran als an Politikern westlicher Demokratien. Wie seine beiden Diktatorenfreunde hat auch er sich als uneingeschränkter Herrscher über Kärnten geriert, hat den sich ihm gegenüber wohl verhaltenden Menschen Brot und Spiele und Jobs geboten und Kritiker an den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rand gedrängt. Das ist die wahre Wurzel der Haider-Saddam-Gaddafi-Connection. Das ihm mutmaßlich zugekommene Geld aus der Portokassa der Despoten war ein Sympathiebeweis unter Gleichgepolten.
FPÖ: Lauter feine Leute
BZÖ und das „Ansehen Kärntens“
Es ist alles ein bisserl verwirrend, daher zunächst mal eine kleine Erklärung für Nicht-Kärntner: Jörg Haider hatte sich 2005 von der FPÖ abgespalten und seine Privatpartei, das BZÖ, gegründet. Große politische Erfolge konnte diese Splitterpartei nur in Kärnten einfahren, erreichte jedoch bei den vergangenen Nationalratswahlen ein Achtungsergebnis. Ein Jahr nach Haiders Tod haben die kärntner BZÖ-Führungskräfte Uwe und Kurt Scheuch putschartig beschlossen, die kärntner Landesgruppe wieder an die FPÖ anzuschließen und fortan als „Die Freiheitlichen in Kärnten“ (FIK) aufzutreten (oder auch „Freiheitliche Partei Kärntens“ – FPK. Die genau Bezeichnung ist noch umstritten). Der Bundeschef des BZÖ, Josef Bucher, sowie der einstige Haider-Intimus Stefan Petzner wollten das nicht hinnehmen und haben nun eine neue/alte BZÖ-Kärnten-Landesgruppe ins Leben gerufen. Soweit ein kurzer Abriss der Ereignisse.
Beim (Neu)Gründungskonvent des BZÖ-Kärnten hat nun Josef Bucher beklagt, das Image Kärntens sei „leider sehr schlecht“, und die Schwester des verstorbenen Jörg Haider, Ursula, meinte gar: „Stellen wir das gute Ansehen Kärntens wieder her“. Solche Aussagen sind bizarr. Bucher und der Haider-Clan versuchen den Menschen einzureden, sie wären eine Art „seriöse“ Alternative zu den Skandalweltmeistern Scheuch, Dörfler und deren schwarzem Steigbügelhalter Josef Martinz, und sie tun so, als hätte das Image Kärntens erst seit Haiders Tod Schaden genommen. Nichts könnte falscher sein. Es war Jörg Haider, der den Hypo-Megaskandal zu verantworten hatte. Es war Jörg Haider, der immer wieder öffentlich Nazigedankengut verbreitete. Es war Jörg Haider, der Saddam Hussein und Muammar Gaddafi besuchte. Es war Jörg Haider, unter dem die dubiosen Deals mit russischen „Geschäftsleuten“ eingefädelt wurden. Es war Jörg Haider, der den Rechtsstaat durch das Ignorieren höchstgerichtlicher Urteile verhöhnte und gefährdete. Es war Jörg Haider, der „mutmaßlich straffällig gewordene“ Asylbewerber auf der Saualm internieren ließ. Es war Jörg Haider, der an die Bevölkerung Briefe mit der Aufforderung verschicken ließ, „kriminelle Asylanten“ bei ihm (und nicht etwa bei der Polizei) zu denunzieren. Es war Jörg Haider, der das Budgetdefizit des Landes Kärnten in den Jahren seiner Regentschaft vervielfachte. Es war Jörg Haider, der die Hypo und andere Institutionen dazu „überredete“, seine Brot- und Spielepolitik zu finanzieren. Es war Jörg Haider, der mit antisemitischen Rülpsern auf Stimmenfang ging. Es war Jörg Haider, der das Land brutal politisch umfärbte und eine noch nie dagewesene Freunderlwirtschaft in Kärnten einführte. Es war Jörg Haider, der jahrzehntelang mit aller Kraft die politische Kultur Österreichs vergiftete und Hetze, tiefste Demagogie und eine Menschen verachtende Verunglimpfung politischer Mitbewerber solonfähig machte. Es war Jörg Haider, der eine internationale Vernetzung von rechtstextremen Parteien ankurbelte. Kurz: Es war Jörg Haider, der Kärnten das schlechte Image verpasste, das es nun hat. Das Affentheater der Scheuchs und Dörflers ist da nur ein Echo dessen, was der große Zampano der Rechtsaußenpolitiker verzapft hatte.
Der Josef Bucher, der Stefan Petzner und die Haider-Ladies sollen nicht die Ehrenmänner und -damen spielen, denn ihr abgetretener Abgott hat den ganzen Misthaufen aufgetürmt, in dem Kärnten nun steckt und vor sich hin stinkt. Auch wenn es erfreulich ist, dass das „Dritte Lager“ eine Art eingebauten Gendefekt hat, der immer wieder zu Spaltungen führt, bleibt das BZÖ ein Teil dieses Dritten Lagers, bleibt es die Partei des Jörg Haider, bleibt es eine Partei der „Ehemaligen“ und der „Schon Wieder“. Die Positionierung als „rechtsliberal“, wie sie von Bucher und den Seinen angestrebt wird, kann nicht klappen, da im BZÖ kein Liberalismus vorhanden ist. Wirtschaftsliberal (im österreichischen Sinne) sind die ÖVP und die FPÖ großteils auch. Das BZÖ kann für sich das Label „liberal“ aber vor allem deswegen nicht nicht einfordern, da es sich als Gralshüter des Erbes Jörg Haiders sieht, einem der antiliberalsten Politiker, die Österreich je gesehen hat.