Schlagwort: Esoterik

Der Quacksalberstandard

Liebe Tageszeitung „Der Standard“. In deiner Rubrik „Gesundheit“, Unterabteilung „Vorsorge“, bringst du allen Ernstes einen Artikel über „Ketogene Ernährug“, in dem eine Tiroler Diätologin Daniela Pfeifer was davon erzählt, dass man mit einer an Kohlehydraten armen Nahrung „Krebs aushungern“ könne. Frau Pfeifer ist ihres Zeichens „Dipl. Ernährungsberaterin nach den 5-Elementen“ und sie absolvierte ein Studium der Traditionellen Chinesischen Medizin, kombiniert mit Zusatzqualifikationen für Metabolic Typing, Traditioneller Chinesischen Diätetik sowie Fettstoffwechsel und Entgiftung und ist diplomierte Shiatsu-Praktikerin. Ihre Spezialisierung sind Nahrungsmittelintoleranzen, insbesondere die glutenfreie Ernährung und die zahlreichen negativen Auswirkungen von Gluten auf Körper und Stoffwechsel. Mehr „Alternativmedizin“ geht fast gar nicht mehr. Was bringst du, „Standard“, als nächstes? Einen wohlwollenden Beitrag über die „neue germanische Medizin“ des Mörders Ryke Geerd Hamer? Die Anleitung „Krebswegmachen durch Onanieren bei Vollmond“? Würde mich nicht überraschen. 

Verstrahlte KTZ

Esoterik boomt, denn, wie es ein Schweizer Freund des Lindwurms so treffend ausgedrückt hat, „Dummheit boomt“. An dem Boom will auch die einst sozialdemokratische „Kärntner Tageszeitung“ mitnaschen, und so finden wir in der Ausgabe vom 7. August diese Story im Blatt:

Welch tragische Geschichte! Obwohl dieses Kärntner Privatgenie nichts weiter braucht, als „Pickerl“ (Aufkleber), um Häuser, ja ganze Landstriche zu „entstrahlen“, reagiert der böse etablierte Wissenschaftsbetrieb nicht auf die bahnbrechenden „Erfindungen“ des ehemaligen Supermarktfilialleiters.

Zum Glück kann man aber Strahlen auch einfach nur  „wegschmeißen“:

Nun ist dieser verstrahlte Kärntner nicht der erste und sicher nicht der letzte „Privatgelehrte“, der Abhilfe gegen erfundene Bedrohungen verspricht. Richtig ungut wird die KTZ-Story aber durch den begleitenden Kommentar des Journalisten Gerhard Klinger, der vor Unwahrheiten und schlichtem Blödsinn nur so strotzt:

Es gab natürlich niemals einen „direkten Zusammenhang“ zwischen „Wasseradern“ und Krebs, schon gar keinen „nachgewiesenen“. Schauen wir mal, was das Naturmagazin „Geo“ über „Wasseradern“ schreibtMag sein, dass Rutengänger einen sechsten Sinn haben. Aber an Wasseradern schlägt ihr Spürgerät definitiv nicht aus – denn die gibt es so gut wie nirgends. Normalerweise verteilt sich Grundwasser in der Fläche. Es sammelt sich also nicht in unterirdischen Bächen oder Flüssen. Regenwasser sickert vom Boden durch die Schwerkraft tief ins Erdreich, bis es auf eine wasserundurchlässige Schicht wie etwa Ton trifft. Dann fließt es langsam in großer Breite durch Hohlräume im Boden in den nächsten oberirdischen Bach, See oder Fluss. Gerade weil der Untergrund großflächig davon erfüllt ist, finden Rutengänger zwar tatsächlich häufig Wasser. Aber „lineare Wasserkörper“ wie Wasseradern vermuten Geologen nur in verkarstetem Gestein oder zerklüftetem Fels. Derart abseits von üblichem Baugrund können sie schlechterdings nicht die Gesundheit von Hausbewohnern bedrohen, wie „Radiästheten“ behaupten.

Es gibt keinen einzigen wissenschaftlichen Nachweis, dass Wünschelrutengänger etwas anderes aufspüren könnten als ihre eigenen Fantasiestrahlen. Und dass „Wasseradern“ (die es, wie oben gezeigt, ohnehin fast nirgends gibt) oder „Erdstrahlen“ (für die es ebenfalls keinen einzigen wissenschaftlichen Beleg gibt) für Krebs oder andere Erkrankungen verantwortlich sein sollten, ist schlicht und ergreifend Quatsch, von findigen Geschäftemachern erdacht, um verunsicherten oder auch nur gelangweilten Menschen das Geld abzujagen (was ich dem im obigen Artikel erwähnten älteren Herrn nicht vorwerfe, denn der glaubt wohl wirklich an seine Theorien). KTZ-Redakteur Klinger schreibt dennoch, unbeirrt von allen wissenschaftlichen Erkenntnissen, von einem „eindeutigen“ und „nachgewiesenen Zusammenhang“ zwischen Wasseradern und Krebs. Das ist nicht nur Volksverblödung und -verängstigung, das ist auch gefährlich, kann es doch verzweifelte Kranke dazu bewegen, ihr gesundheitliches Heil bei Quacksalbern statt bei der echten Medizin zu suchen.

Dass die „Kärntner Tageszeitung“, die früher mal der Aufklärung und dem Fortschritt verpflichtet war, in den unseligen Chor der Abergläubigen einfällt, ist zwar deprimierend, aber in Zeiten, in denen sich sogar SPÖ-Bürgermeister als „Wunderheiler“ anpreisen, nicht mehr wirklich verwunderlich…

Geistheilerstunde im ORF

Der mit Zwangsgebühren finanzierte Österreichische Rundfunk hat einen Bildungsauftrag, dem er neuerdings auf besonders bizarre Weise nachkommt. In der Sendung „Frühlingszeit“ darf täglich ein Dr. Fritz Roithinger seinen esoterischen Dünnpfiff verbreiten. Als wäre es die normalste Sache der Welt, lässt man diesen Tiroler Impfgegner, Natursektschlürfer und Geistheiler daherfabulieren, dass jedem vernünftig denkenden Menschen die Schädeldecke platzt. Roithinger ist keineswegs der harmlose nette Arzt, der ergänzend zur echten Medizin auch ein bisserl mit Alternativheilkunde experimentiert. Nein, der Mann ist schon ein schwereres Esoterikkaliber. Dem Nazi und Patiententotschläger Geerd Ryke Hamer attestiert er zum Beispiel „richtige Grundgedanken“.  Er ließ sich von der amerikanischen Physikerin (!) und „Geistheilerin“ Barbara Ann Brennan „schulen“ und glaubt an „Schutzengel“, Reinkarnation und „geistige Führer“. Das darf er ja auch, aber er sollte diesen Quatsch bitte nicht in einem öffentlich rechtlichen Sender verbreiten!

Ein paar seiner „geistreichen“ Wortspenden, die uns der ORF da andreht:

„Krankheit entsteht nur dann, wenn wir unseren Vorstellungen, unseren Lebensvorstellungen, mit denen wir in die Welt gekommen sind, zuwider handeln“

„Die Krankheit will dir ja nur sagen: Ernähre dich anders“

„Krankheit ist ein Geschenk der Natur, um unsere Erkenntnis zu verändern, dass wir endlich ein neues Bewusstsein bekommen, dass wir endlich beginnen, unseren Körper zu achten und ihn als Gefäß des Geistes zu betrachten“

und besonders schön:

„Bevor wir diese irdische Bühne betreten, besprechen wir uns ja noch mit unseren geistigen Führern über unser Lebenskonzept, über unseren Lebensplan“.

Tja, liebe leukämiekranke Kleinkinder, da habt ihr es! Hättet ihr nicht so maßlos gefressen und gesoffen und geraucht und euren Lebensvorstellungen zuwider gehandelt, wärt ihr gesund geblieben, statt das Geschenk der Krankheit zu empfangen. Ihr hättet halt auf euren „geistigen Führer“ hören sollen, mit dem ihr vor eurer Geburt so gerne gequatscht habt.

Ich verlange von einer Weichspülsendung wie „Frühlingszeit“ ja gar keine wissenschaftlichen Abhandlungen, aber diese Art der Volksverblödung ist empörend. Mit unser aller Gebühren macht der ORF hier Werbung für „Alternativmedizin“ hart an der Grenze zur Scharlatanerie und unterstützt die gegenaufklärerische Paranoia vor moderner Medizin, Impfungen und lebensrettenden Behandlungen. Wer zuviel Geld hat, der kann es natürlich zu Figuren wie diesem Dr. Roithinger tragen, eine Bühne im Österreichischen Rundfunk sollten urintrinkende Geistheiler aber nicht haben.