Uli Krug sorgt sich in einem Text für die „Jungle World“ wie so viele, die genug zu Fressen haben, um die moralische Reinheit jener, die sich zwischen einem Mittagessen und dem Bezahlen der Stromrechnung entscheiden müssen. Besonders schlecht an seinem Beitrag, der eine Aufforderung zur Ideologiekritik sein will, ist das Fehlen eben dieser in fast jeder Zeile und der regressiver Rückzug auf Allgemeinplätze und Polemik. Dass Griechenland ein „antizionistisches Musterland“ sei, wird einfach ohne Beleg ebenso behauptet wie dass „Linke“ (ja, so generalisierend schreibt er) nichts verstünden von der Funktionsweise des Kapitalismus. Kritik an der fast neokolonialistischen deutschen Hegemonialpolitik in Europa wird abgetan als plumper Antiimperialismus, der schon deswegen blöd sei, weil die antiimperialistische Szene (was stimmt) nicht die hellste ist und außerdem der Jürgen Elässer mal Jugoslawien gut gefunden hätte, woraufhin jenen Linken, die für die Versuche von Syriza, die allerschlimmsten Zumutungen abzuwehren, Sympathie haben, unterstellt wird, Griechland sei ihr Serbien und Tsipras ihr Milosevic. Kein einziges Wort verliert Krug zum Skandal, dass in Griechenland Säuglinge sterben, Menschen an behandelbaren Krankheiten verrecken und Kinder unter Mangelernährung leiden. Dies alles sei wohl unabwendbares Schicksal, da Krug den Kapitalismus nicht als veränderbares Verhältnis begreift, sondern als Kismet, welches beeinflussen zu wollen immer nur böse Mächte auf den Plan rufe, wie zum Beispiel den Nationalsozialismus, der eine „linke Massenbewegung“ (sic) gewesen sei. Letzteres ist eine Behauptung wider alle Evidenz, die aber dennoch in neurechten Kreisen umso beliebter ist. Wenn die Nazis links waren, ist irgendwie auch jeder Linke ein Nazi. Bequemer geht es nicht mehr. Es ist nun nicht so, dass an Syriza, Occupy, Attac und all den anderen neueren und populistischen linken Bewegungen nichts auszusetzen wäre. Im Gegenteil ist die dort oft grassierende verkürzte Kapitalismuskritik und -Analyse anzugreifen und zu benennen. Aber bitte mit Fakten und nicht mit einer aus dem pseudoideologiekritischen Textbausteinmarkt zusammengeschusterten Polemiken. Alles in allem will Krug, dass die Linke so lange nichts unternehme, bis sie seinen ideoligischen Reinheitsansprüchen genügt. Wer so denkt, dem mangelt es nicht nur an Empathie, der hat es auch verdient, demächst in einem Europa von Front National, Jobbik, FPÖ, Echten Finnen und Goldener Morgenröte aufzuwachen.
Währenddessen geht in Deutschland ein Flüchtlingsheim nach dem anderen in Flammen auf, fetzen sich italienische Fremdenhasser mit der Polizei, baut Ungarn Lager für Flüchtlinge abseits der Zivilisation. Das Scheißhaus steht lichterloh in Flammen und der Rechtsrutsch in Europa nimmt einem den Atem, aber Teile der Linken (falls man die überhaupt noch dazu zählen mag) sind vollauf damit beschäftigt, in griechischen Parteien auf Antisemitenjagd zu gehen und die Linken zu Nazis zu machen. So viel Durchgeknalltheit war zuletzt in Weimar.