Schlagwort: Justiz

Strache verbreitet Putins Anti-Österreich-Propaganda

Im Juni wurde in Österreich ein Mann, der einen zehnjährigen Buben vergewaltigt hatte, zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Im Oktober hob der Oberste Gerichtshof das Urteil teilweise auf, da das Erstgericht die Posttraumatische Belastungsstörung des Opfers nicht berücksichtigt habe. Diese sei mit einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen, was das Strafmaß auf bis zu 15 Jahren erhöht.

Noch einmal in anderen Worten: Der Oberste Gerichtshof hat ein Urteil teilweise aufgehoben, da es zu milde war. Weder wurde der Täter freigelassen noch bekommt er einen Strafnachlass. Er wird im Gegenteil eine längere Freiheitsstrafe kriegen.

Der russische Präsident Wladimir Putin verbreitete daraufhin die Falschmeldung, das Gericht habe den Täter freigesprochen. Russische Medien griffen das auf und schmückten die Lüge mit weiteren Erfindungen aus.

Schlimm genug, wenn der russische Präsident die österreichische Justiz und damit auch den Staat Österreich mit Lügenpropaganda attackiert. Völlig unverständlich ist aber, dass FPÖ-Chef Strache die Putin-Lüge zustimmend weiterverbreitet. Auf seiner Facebookseite postete Strache dies:

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Strache hat den Artikel der „Krone“, zu dem er verlinkt, wohl entweder nicht gelesen oder er hofft, seine Facebookfans würden ihn nicht lesen. In dem Artikel steht: „Allerdings beruhen Putins Anschuldigungen auf einer Falschmeldung, denn in dem besagten Fall gab es keinen Freispruch, der Flüchtling sitzt weiterhin in Haft“.

Es stellen sich nun ein paar Fragen.

Wieso schreibt Strache, Putin habe recht? Putin verbreitete eine Falschmeldung, um Österreich schlecht aussehen zu lassen.

Wieso verbreitet der vorgebliche Patriot Strache Lügenpropaganda, die der Kreml in die Welt gesetzt hat, um Österreich zu schaden?

Hält Strache seine Facebookfans für unfähig oder zu dumm, einen vom ihm selbst verlinkten Artikel zu lesen und zu verstehen?

Team_Zivilisation vs Team_Gina_Lisa

Als Gina-Lisa Lohfink vorigen Montag in Berlin wegen falscher Verdächtigung verurteilt wurde, waren die Sozialen Medien nicht nur voll sexistischen Hohns und abgrundtief bösartigen Hasses auf das It-Girl und Frauen generell, sondern auch voller trotziger Justizschelte, Rechtsstaatsverachtung und pseudofeministischem Radikalismus. Der Blog „Mädchenmannschaft“, eine Art Zentralorgan des postmodernen Gefühlsfeminismus, heulte auf: „Wie sieht Vergewaltigungskultur aus? Genau so“. Weil ein Berliner Gericht zum Schluss kam, Lohfink habe zwei Männer fälschlicherweise der Vergewaltigung bezichtigt, schloss die „Mädchenmannschaft“, in Hinkunft würden sich weniger Frauen trauen, Vergewaltigungen anzuzeigen. Auch die Sozialistische Jugend Österreichs blieb nach dem Urteil unbeirrt im „Team_Gina_Lisa“ und postete auf Facebook ein Meme des Inhalts: „Wenn am Schluss die Betroffene einer Vergewaltigung bestraft wird“. Dass ein deutsches Gericht unter den Argusaugen der Öffentlichkeit aufgrund recht klarer Indizien und Beweise festgestellt hatte, dass gar keine Vergewaltigung stattgefunden habe – es war den österreichischen Nachwuchslinken ebenso egal wie den Demonstrantinnen vor dem Gerichtsgebäude, die den antizivilisatorischen Slogan skandierten: „Macker gibt’s in jeder Stadt, bildet Banden, schafft sie ab!“

Ein Feminismus, der zu einer barbarischen Regung verkommen ist, ist keiner mehr. Und es ist nichts anderes als Barbarei wenn man fordert, das Recht Banden zu überantworten, rechtsstaatliche Grundprinzipien über Bord zu werfen und auch Unschuldige einzusperren, solange das nur die eigene gesellschaftspolitische Agenda voranzubringen verspricht. Da schimmert die alte Krankheit durch, die immer wieder alle möglichen politischen Bewegungen heimgesucht hat, tragischerweise gerade auch linke, nämlich die Bereitschaft zur Inhumanität im Namen der guten Sache. Dass der Zweck die Mittel heilige ist jener moralische Kurzschluss, der immer wieder Menschen, manchmal Millionen von ihnen, Freiheit und Leben gekostet hat. Der klassische Feminismus war nicht so und ist nicht so. Der wollte und will die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts aufheben, die Unterdrückung der Frau beenden und geschlechtsbezogene Privilegien abschaffen. Für eine nicht verübte Vergewaltigung nicht bestraft zu werden, ist aber kein Privileg, sondern ein Menschenrecht.

Die beunruhigende Tatsache, dass mittlerweile an die 60 Prozent aller wahlberechtigten Männer rechtsextreme oder autoritäre Parteien wählen, wird allzu gerne abgetan damit, dass die halt dumm seien, rückständige primitive Machos auf der Suche nach dem Übervater, der ihre Vorrechte wiederherstellt. Auf den Gedanken zu kommen, das könnten wenigstens teilweise Leute sein, die von der peseudofeministischen Durchkriminalisierung der sexuellen Geschlechterverhältnisse verunsichert sind und sich ungern als Macker und Vergewaltiger beschimpfen lassen, scheint mittlerweile verpönt zu sein. Natürlich sind das tatsächlich oft Männer, die den antifeministischen Backlash anstreben, die wieder Verhältnisse wie in den 50er Jahren wollen, die sich nach der vermeintlichen Klarheit des alten patriachalen Autoritarismus sehnen. Aber nicht alle. Einige haben wohl nur die Schnauze voll von einer Feminismusvariante, die Männern nur mehr mit Hass und Generalverdacht begegnet.

Der Spiegel der Isis

Sollten die Propagandavideos islamistischer Terroristen verboten werden? Oder haben wir ein viel tiefer liegendes Problem? Blicken wir womöglich in Form der Gräueltaten des „Islamischen Staates“ in einen Spiegel, der unsere eigene Barbarei zurückwirft?

Die Terrorbande „Islamischer Staat“ (vormals ISIS) filmt die von ihr begangenen Gräueltaten und verbreitet sie weltweit als Propaganda. Teils um ihre Feinde einzuschüchtern, teils um zu beweisen, dass man es ernst meint mit der ganz extremen Auslegung von Koran und Hadhiten. Diese Horror-Fotos und Snuff-Videos werden aber auch von anderen Leuten auf Facebook gepostet und getwittert. Islamfeinde und Rassisten posten den Dreck mit Inbrunst und kommentieren: „Seht her, so ist er, der böse Islam“. Und einige Leute verbreiten das, weil sie ehrlich entsetzt sind und ihre Abscheu zum Ausdruck bringen wollen, indem sie ihren Freundeskreis am Schrecken teilhaben lassen. Nun diskutiert man, ob die Verbreitung von Bildmaterial dieser Sorte unter Strafe gestellt werden soll. Die Befürworter eines Verbots argumentieren, solche Videos und Fotos seien vergleichbar mit Kinderpornografie, für die das Recht auf Meinungsfreiheit ja auch nicht gelte. Videos von Gräueltaten hätten allein propagandistischen Zweck und keinen Nachrichtenwert, fielen also keinesfalls unter die Pressefreiheit. Das ist zwar wahr, macht eine Gesetzsverschärfung aber noch lange nicht sinnvoll. Nach dem Strafrichter zu rufen ist angesichts der Schwemme an extrem Menschen verachtendem Material verständlich, aber allzu bequem. Und der Vergleich mit Kinderpornos hinkt, denn die sind ja nicht allein deswegen verboten, weil die große Mehrheit der Gesellschaft sie widerwärtig findet, sondern weil damit Handel betrieben wird, zu dessen Belieferung Kinder missbraucht werden. 

Anlassgesetzgebung ist selten eine gelungene Sache. Der Gesetzgeber tendiert dann dazu, über das Ziel hinaus zu schießen und das Strafrecht in Bereiche auszudehnen, wo es nichts zu suchen hat und eigentlich nur Schaden anrichtet. Weil das Stichwort Kinderpornos fiel: Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts gab es eine regelrechte Hysterie in Deutschland und Österreich, geschürt von Boulevardmedien, die jeden Fall von Kindesmissbrauch immer dann gewaltig aufbliesen, wenn der Täter ein rückfälliger Pädophiler war. Auf Druck der Medien und der Bevölkerung verschärften die Politiker dann das Strafrecht dahingehend, dass über den Umweg der Psychiatrie Möglichkeiten geschaffen wurden, Straftäter auch länger einzusperren, als es im normalen Strafvollzug möglich wäre, manchmal für immer. Statt rückfällige Kindesvergewaltiger traf es dann aber nach und nach alle möglichen Menschen, die weder Kinder missbraucht hatten, noch sonst sonderlich gefährlich waren. Die Prognosen genannten Oraskelsprüche von Psychiatern reichen mittlerweile aus, um Menschen für Taten, die sie nie begangen haben, zu bestrafen. Ein aktueller Fall aus Deutschland verdeutlicht, wovon ich rede: In der Stadt Detmold. Zwei Männer betrinken sich und geraten in Streit. Als beide in etwa zwei Promille erreicht haben, artet das in eine Schlägerei aus. Einer nimmt den anderen in den Schwitzkasten und schlägt ihn mehrfach. Die Verletzungen sind nicht schlimm, der Geschlagene verlässt das Krankenhaus nach einem Tag. Glück gehabt. Der Täter müsste mit einem Jahr Gefängnis wegen schwerer Körperverletzung rechnen. Bei guter Führung käme er nach wenigen Monaten frei. Doch das Gericht findet im Lebenslauf des Angeklagten etwas, das alles anders macht. Der Mann war mehrmals in der Psychiatrie gewesen. Freiwillig. Damit hat er sich unwissentlich aus dem nur für gesunde Arier geltenden Rechtsstaat ausgesperrt, denn nun zieht der Richter einen Psychiater hinzu. Der prophezeit, dass der Mann, der zuvor nie gewalttätig gewesen ist, „unzweifelhaft auch zukünftig Gewalttaten begehen werde“ und dementsprechend eine Gefahr darstelle. Außerdem habe er keine Krankheitseinsicht. Das Gericht schließt sich dem an. Der Mann kommt in die forensische Psychiatrie. Das kann „lebenslang“ bedeuten. Jedenfalls zwei Jahre. Nur wenn der Mensch zwei Jahre lang andauernd beteuert, völlig verrückt zu sein und brav alle Medikamente schluckt, darf er sich eine Chance ausrechnen, nach einigen Jahren wieder in Freiheit zu kommen.

Wir sehen, wie eine aus Angst und Panik entstandene Gesetzgebung dazu führen kann, dass die Menschenrechte gebeugt werden. Aus diesem Grund bin ich gegenüber Gesetzsverschärfungen generell skeptisch, und besonders skeptisch bin ich dann, wenn das aus einer Empörung heraus geschieht. Die derzeit vor allem vom „Islamischen Staat“ verbeiteten Bilder sind unerträglich. Jeder geistig halbwegs gesunde Mensch, der seine Moral noch zusammen hat, kann sich das Zeug nicht ansehen, ohne dass ihm übel wird. Sorgen sollte uns aber nicht machen, dass solche Videos und Fotos verbreitet werden, sondern dass es offenbar sehr viele Menschen gibt, die sich das nicht nur problemlos ansehen können, sondern sich das sogar gerne ansehen. Verbote sind die typische Schnellschussreaktion von Gesellschaften, die alles Unangenehme und Komplizierte an die Gerichte und Gefängnisse auslagern wollen. Aufgeklärte Menschen sollten sich aber Gedanken machen, was falsch läuft mit einer Kultur, in der das Gutfinden von Mordvideos und Folterfotos bei immer weniger  Menschen verpönt ist und immer seltener Entsetzen auslöst. Blicken wir da womöglich in einen Spiegel, der unsere eigene Unmenschlichkeit auf uns zurückwirft? Sind wir so viel besser als die Terroristen, wenn wir gelangweilt dabei zuschauen, wie auf unseren Wunsch hin jedes Jahr tausende Menschen an den Außengrenzen der EU verrecken? Wenn wir es zulassen, dass ganze Länder in Elend und Chaos versinken? Wenn wir mitten in Europa Arme und Kranke wie Dreck behandeln? Vielleicht haben die Terroristen und ihre Bewunderer nur bemerkt, dass wir Heuchler sind, und ziehen daraus den Schluss, dass extremste Gewalt so schlecht gar nicht sein kann?

 

Niemand ist frei

Wie die Wiener Wochenzeitung „Falter“ aufgedeckt hat, herrschen in Österreichs Gefängnissen teils zum Himmel schreiende Zustände.  Von Misshandlungen ist da die Rede und von Häftlingen, die man einfach in ihren Zellen „vergisst“, bis sie bei lebendigem Leib verfaulen. Das sind keine Anschuldigungen rachsüchtiger Ex-Knackis, sondern das geht aus internen Berichten der Justizvollzugsanstalten hervor. Dass unsere Gesellschaft Menschen, die ihr völlig wehrlos ausgeliefert sind, dermaßen schlecht behandelt, ist kein „bedauerlicher Einzelfall“, wie Politikerinnen solcherlei gerne zu kommentieren pflegen, sondern eine Folge der gesamtgesellschaftlichen Verrohung, die wiederum viel zu tun hat mit der Ökonomisierung aller Lebensbereiche und mit der Maul- und Denkfaulheit von im weitesten Sinne Linken und von liberalen Bürgerlichen, die keine Lust mehr zu haben scheinen, dem von Boulevard und Rechtsparteien immer wieder angestimmten Gejaule über die „Kuscheljustiz“ etwas zu erwidern. Dabei ist schon seit Jahrzehnten bekannt, dass ein humaner Umgang mit Strafgefangenen das Risiko erneuter Straffälligkeit senkt. Wer gefangene Menschen wie Tiere behandelt, züchtet Zeitbomben, die irgendwann hochgehen, während ein respektvoller, menschenwürdiger Umgang zumindest die Chance eröffnet, dass sich jemand tatsächlich bessert. Das ist keine Meinung, sondern eine durch zahlreiche internationale Vergleiche und durch etliche wissenschaftliche Versuche erwiesene Tatsache. Man könnte auch sagen, hier stehen Primitivität (Rachsucht, Sadismus) und Rationalität (Resozialisierung durch humane Behandlung) zur Auswahl, und eine feige Politikerklasse meint, das Volk sei halt primitiv, daher müsse man eine primitive Politik machen. Interessant ist, dass so viele Menschen es nicht einmal schaffen zu verstehen, dass ein humaner Strafvollzug in ihrem eigenen egoistischen Interesse wäre, denn hinter Gittern landet man schneller, als viele meinen, und oft genug auch unschuldig.

Strafgefangene sind nicht die einzigen, die unter der Brutalisierung der Gesellschaft leiden. Auch in den Psychiatrien wird seit einigen Jahren wieder verstärkt und wie selbstverständlich zu extremen Zwangsmaßnahmen wie Fesselung gegriffen, und es landen immer mehr Menschen aus immer lächerlicheren Anlässen für immer längere Zeit in den Irrenhäusern. Psychisch Kranke gehören zu den verwundbaren Segmenten der Gesellschaft, so wie Strafgefangene, Obdachlose, Bettlerinnen und andere ökonomisch Abgehängte, und daher spüren sie rascher und intensiver, wenn sich etwas verändert, wenn bislang halbwegs sicher geglaubte hart erkämpfte soziale und menschenrechtliche Standards wieder einkassiert werden. In Österreich wurde 2014 die Invalidenrente für alle Menschen unter 50, die nicht todkrank sind, abgeschafft. Die Folge ist nicht nur eine wirtschaftliche Präkarisierung von ohnehin schon meist ums finanzielle Überleben kämpfenden Menschen, sondern auch eine Art Abwertung seelisch Kranker, die sich, wie mir mehrere Leute erzählten, bereits bemerkbar macht in deutlich unfreundlicheren und raueren Umgangsformen der psychiatrischen Zunft mit den Patienten. Das ist nicht überraschend, sondern die ganz normale Folge einer Politik, die Menschen entwertet, indem sie sie für die Probleme der anderen verantwortlich macht. So wie Rechtspopulisten Verbrecher und Armutsmigrantinnen zu Sündenböcken machen, hat der österreichische Sozialminister Hundstorfer mehrmals betont, das größte Problem des Sozialsystems seien die Invalidenrentenbezieherinnen. Was nicht mal ansatzweise stimmte, aber ein prima Vorwand war für massiven Sozialabbau. Eiskalt wurde durch diese Politik die weitere Stigmatisierung kranker Menschen als Kollateralschaden mit einkalkuliert.

Rührt sich irgendein Widerstand gegen diese Entwicklungen? Nicht wirklich. Die Justizreformer der 60er und 70er Jahre sind ebenso ausgestorben wie die kritische Ärztinnen und Pfleger, die einst die Psychiatrie reformieren wollten. Heute sitzen fast überall mutlose und opportunistische Funktionsträger und Systemerhalter, die vielleicht mit den Zuständen, die sie täglich sehen und zu verantworten haben, nicht immer einverstanden sein mögen, dann aber nur mit den Achseln zucken, „was soll man machen“ murmeln und am Ende des Monats ihr Gehalt in Empfang nehmen. Der zunehmende Stress in Wirtschaft und Arbeitswelt führt zu Vereinzelnung und Entsolidarisierung, jeder will nur mehr sich selbst irgendwie durchschleppen, Interesse und Engagement für Schwächere bleibt kaum übrig. Begleitet wird das alles von einem völlig sinnentleerten Freiheitsgeschwafel, das nur mühsam eine Wirklichkeit überdecken kann, in der die Freiheit langsam ausstirbt. Niemand ist frei, wenn nicht alle von existenziellen Ängsten befreit sind. Niemand ist frei, wenn andere unfrei sind, und sei er Milliardär.

Beendet den Krieg gegen psychisch Kranke!

Gerichtsverhandlung. Ein 28-jähriger an Schizophrenie erkrankter Wiener stößt sich an antisemitischen und fremdenfeindlichen Postings auf der Facebookseite von FPÖ-Chef Strache und schreibt, wie er vor Gericht sagt, „blind im Zorn“ mehrere E-Mails an den Politiker, weil er er ihn dazu bringen will, „die FPÖ religiöse Werte zu lehren, dass nicht gehetzt wird bei ihm auf Facebook“. In den Mails „droht“ er Strache damit, ihm „Insektendrohnen mit Todesspritze“ oder „Quantenraumschiffe“ zu schicken. Der gebürtige Bosnier, als Kind vor den Kriegen in Ex-Jugoslawien geflohen, ist ein Fan von Star Trek. Die Staatsanwaltschaft fordert die Einweisung des Mannes in eine „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“. Die Geschworenen stimmen zu. Der Mann wird für viele Jahre, vielleicht für immer weggesperrt. Großes Aufatmen. Der gefährliche Irre wurde  rechtzeitig eingeknastet, bevor er seine Raumschiffe losschicken konnte. Wäre der Mann „geistig gesund“ und hätte Drohbriefe geschickt, hätte man ihn mit einer bedingten Haftstrafe und der Auflage, sich zu entschuldigen, nachhause geschickt. Er hat sich aber des verdammenswerten Verbrechens der psychischen Krankheit schuldig gemacht, daher wird er viel härter bestraft. In frühestens zwei Jahren wird ein Psychiater erneut über seine „Gefährlichkeit“ und damit über Psycho-Knast oder Freiheit entscheiden.

In Österreichs forensischen Psychiatrien sitzen hunderte Menschen, viele seit etlichen Jahren, und bei weitem nicht alle von denen sind Mörder oder Vergewaltiger. Viele  haben eine „gefährliche Drohung“ ausgestoßen oder jemanden belästigt. Das sind durchaus strafwürdige Delikte, doch sobald ein Täter das Etikett „geistig abnorm“ aufgedrückt bekommt, wird er nicht etwa milder, sondern wesentlich härter bestraft, eben durch Freiheitsentzug mit unbestimmter Dauer. Nach Erstellung einer „Gefährlichkeitsprognose“ wird er oft für Taten bestraft, die er nie begangen hat, aber nach Ansicht von Psychiatern begehen könnte. Ein menschenrechtlicher Skandal ersten Ranges, der aber nicht so viel Empörung verursacht, wie er sollte, weil es sich bei den Betroffenen ja nur um „Irre“ handelt. Die österreichische Bundesregierung hat angekündigt, den „Maßnahmenvollzug“ noch in dieser Legislaturperiode zu reformieren. Nicht nur soll künftig verhindert werden, dass psychisch Kranke wegen Bagatelldelikten jahrelang eingesperrt werden, auch die teils Menschen verachtende Sprache der Justiz will man entrümpeln. In der Tat erinnern Begriffe wie „geistig abnorm“ oder „seelische Abartigkeit“, derer sich Justiz und psychiatrische Sachverständige nach wie vor wie selbstverständlich bedienen, an finstere Zeiten, in denen sich diejenigen, die sich für „normal“ hielten, herausnahmen, die „Anormalen“ zu ermorden. Es ist höchst an der Zeit, dass der Umgang mit psychisch kranken Straftäterinnen gründlich neu geregelt wird. Der Zustand, dass Menschen nach kleinen und kleinsten Straftaten nur wegen einer attestierten geistigen Erkrankung für Jahre, ja manchmal für immer weggesperrt werden, muss so schnell wie möglich aufhören. Aus einem völlig überzogenen, von den Boulevardmedien angeheizten Sicherheitsbedürfnis ist ein Krieg gegen seelisch Kranke geworden. Es wird Zeit, diesen Krieg zu beenden.

Mit Unterberger im Knast

Schon wieder wurde ein Jugendlicher in einer österreichischen Strafanstalt vergewaltigt, berichtet der „Falter„. Und wieder mit einem Besenstiel. Tatort war die Justizvollzugsanstalt Gerasdorf. Und mittlerweile wird eine ganze Serie ähnlicher Fälle bekannt. So entsetzlich das ist, Überraschung ist es keine, denn dass in unseren Gefängnissen Menschen zu Opfern sexueller Gewalt werden, konnte jeder wissen, der sich nur einmal mit Gefängnisseelsorgern, Knastpsychologen oder ehemaligen Insassen unterhalten hat. Ein Bekannter, der mehrere Jahre in diversen Menschenkäfigen verbrachte, drückte es mir gegenüber so aus: „Im Knast wird immer der Schwächste gefickt, im übertragenen Sinn und wortwörtlich“. Das ist das wirklich Schreckliche an diesem Zustand, dass wir nämlich alle davon wissen, seit jeher davon wussten, und dass es uns egal war. Unsere Gesellschaft teilte mehrheitlich immer schon den Standpunkt der österreichischen Justizministerin, wonach das Gefängnis halt „kein Paradies“ sei und man sexuelle Übergriffe dort leider nie ganz verhindern können würde, wobei man sich zum letzten Satzteil ein lautes „hihihi“ dazu denken muss. Im österreichischen Strafrecht ist nicht vorgesehen, jemanden dazu zu verurteilen, vergewaltigt zu werden, aber unausgesprochen ist das dann real ein Teil der Strafe, und all die seelisch deformierten Menschen, die für sich Normalität reklamieren, weil sie sich halbwegs geschickt den Autoritäten unterwerfen, finden das nicht nur in Ordnung, sondern erfreuen sich am Gedanken, Strafgefangenen würde sexuelle Gewalt angetan, denn ihre eigene psychische Verfassung giert danach, Schwächeren Leid zuzufügen, und Häftlinge eignen sich als Gruppe, die man foltern kann, besonders gut, da die vermeintlich Rechtschaffenen sich dieser Gruppe in jeder Hinsicht überlegen fühlen.

Wer die Leserbriefe zu Fällen wie diesem liest oder am Stammtisch dazu nachfragt, blickt in einen Abgrund aus Sadismus und Hass, der einen schaudern lässt, weil man da das Böse murmeln hört, die Lust, gesetzlich gedeckt foltern, vergewaltigen und oft genug auch morden zu dürfen. Wie gefährlich die angeblich Braven und Normalen sind, zeigt auch Andreas Unterberger. Der Mann war immerhin lange Chefredakteur von zwei angesehen österreichischen Tageszeitungen, also keiner, der nur besoffen im Wirtshaus krakeelt, aber das hält ihn nicht davon ab, sich in seinem Blog „sehr zu freuen“, wenn ein Mensch einen anderen erschießt. Der Totschießer war ein Juwelier, der Totgeschossene einer, der den Juwelier ausrauben wollte. Noch untersucht die Polizei, ob hier Notwehr vorlag, aber ein Mensch ist tot. Darüber in Jubel auszubrechen zeugt von einem seelischen Notstand und einer Gewaltbereitschaft, die mich dazu veranlassen würde, alle Besenstiele zu verstecken, sollte ich je in die ungünstige Lage geraten, zusammen mit Herrn Unterberger in eine Zelle gesperrt zu werden. Leuten, die Gewalt gut finden, kann man nur schwer begreiflich machen, dass das an ihren eigenen psychischen Defiziten liegt. Der einzige Weg, die dazu zu bringen, beispielsweise Gefängnisvergewaltigung abzulehnen, ist, an deren Egoismus zu appellieren. Man muss ihre Vorstellungskraft darauf lenken wie es wäre, wenn sie selbst unschuldig im Knast säßen und dann einen Besen in den Arsch geschoben kriegten. Da solche Leute zur Empathie unfähig sind, bleibt nur, ihren Eigennutz anzusprechen.

„Ich bin für zwei Besenstiele pro Zelle“

Ein geistig zurückgebliebenes 14-jähriges Kind wird in Untersuchungshaft gesteckt und dort, in einem österreichischen Gefängnis, mit einem Besenstiel vergewaltigt. Erst einen knappen Monat später wird der Bub nach einer psychologischen Untersuchung entlassen. Dazu Vox Populi:

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Anale Strafrechtsreform?

Ich muss die letzte Reform des österreichischen Strafrechts versäumt haben. Anders kann ich mir nicht erklären, warum so viele konservative Politikerinnen und so viele Leserbriefschreiber darauf hinweisen, der in U-Haft vergewaltigte 14-Jährige hätte eine „schwere Straftat“ (Justizministerin Beatrix Karl) begangen, sei aber wegen verminderter Schuldfähigkeit nicht verurteilt worden. Das kann nur daran liegen, dass in Österreich manche Straftaten mittlerweile geahndet werden, indem der Täter am Boden fixiert wird und man ihm einen Besenstiel in den Anus schiebt. Muss doch so sein, denn warum sonst insinuieren Karl und Leute wie der Kukidentblogger Andreas Unterberger, die anale Vergewaltigung wäre halb so wild, wäre das Opfer rechtskräftig verurteilt gewesen? Ich muss in Hinkunft besser aufpassen, die Nachrichten genauer verfolgen, auch mal ein paar Prozesse anschauen gehen, denn ich will nicht verpassen, wenn der nächste Richter verkündet: „Ich verurteile Sie hiermit zu zwei Jahren unbedinger Haft und einer analen Vergewaltigung“.

Fall Mollath: Wir Kerkermeister

Gustl Mollath lebt in einem Alptraum. Er sitzt seit über sieben Jahren in der geschlossenen Psychiatrie und hat gerade erfahren, dass er dort mindestens noch ein weiteres Jahr bleiben muss. Die bayrische Justiz übt sich in einem teuflischen Zirkelschluss: Richter bestätigen die Urteile, die Kollegen gegen Mollath gefällt haben, und von diesen Richtern bestellte Gutachter bestätigen Gutachten, die von diesen Richtern bestellte Kollegen über Mollath erstellt haben. In dieser Justizmaschine zerbricht ein Mensch, der intensiven Recherchen von Journalisten zufolge vermutlich nie ein Verbrechen begangen hat, vorausgesetzt, man zählt das Aufdecken systematischer Steuerhinterziehung nicht als Verbrechen. Gefährlich sei er, sagen Justiz und manche Gutachter. Aber nicht, weil er seine Frau geschlagen und ein paar Autoreifen zerstochen haben soll, sondern weil er ein „paranoides Wahngebäude“ errichtet habe. Und auch wenn inzwischen alles dafür spricht, dass dieser Wahn gar keiner war, bleiben die Richter bei ihrer Gefährlichkeitsprognose.  Hätte Mollath tatsächlich seine Frau misshandelt und ein paar Autoreifen zerstochen, wäre er, der Mann ohne Vorstrafen, wohl mit einer bedingten Haftstrafe davongekommen.  Aber weil man Psychiater hinzuzog, die Mollath wahnhaftes Verhalten attestierten, konnte man einen Menschen einfach in der Psychiatrie verschwinden lassen und ihn für immer wegsperren für Taten, die er nicht begangen hat, aber begehen könnte. Wie in einem dystopischen Zukunftsthriller erleidet Mollath eine Strafe für potentielle Verbrechen.

Wir, die wir das sehen und empört sind, haben schon recht damit, wenn wir die kritisieren, die direkt und persönlich für Mollaths Leidensweg verantwortlich sind: Seine Ex-Frau, die Richter, die willfährigen Psychiater und die bayrische Politik. Wir vergessen dabei aber, dass uns hier ein Monster angrinst, das wir selbst geschaffen haben. Wir waren es, die immer dann, wenn einer von Tausenden psychisch kranken Straftätern nach Verbüßung seiner Haftzeit rückfällig wurde, tobten und wütende Kommentare verfassten und dem Bundeskanzler schrieben und denkt hier niemand an die Kinder und Lebenslang muss Lebenslang bleiben schrien. Wir waren es, die vom tragischen Einzelfall auf die Gesamtheit schlossen und billigend in Kauf nahmen, dass auch ungefährliche Menschen für immer in Anstalten verschwanden, solange es bloß auch den einen wirklich  Gefährlichen unter den vielen anderen traf. Wir haben in Leserbriefen und am Stammtisch gefordert, dass Psychiater, die einen gefährlichen Straftäter vorzeitig entlassen, zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Die Politikerinnen haben die Gelegenheit erkannt. Endlich mal richtig Härte zeigen, endlich mal Applaus von allen Seiten kriegen, denn wer könnte schon was dagegen haben, wenn „irre Verbrecher“ auf ewig hinter Gittern verschwinden? Wie immer nur den nächsten Wahltermin im Sinn, verschärften die Politiker die Gesetze immer weiter, und kein Psychiater wollte sich mehr die Finger verbrennen, falls eine seiner günstigen Prognosen doch nicht eintreffen sollte. Die ganze Gesellschaft hat sich darauf verständigt, dass wir gewisse Menschen einsperren und den Schlüssel wegwerfen, denn niemand wagt es, für die Partei zu ergreifen, die man verachtet und nicht versteht und vor denen man sich fürchtet: Psychisch kranke Straftäter nämlich. Diese ganz besonders hart zu bestrafen, indem wir sei einfach lebendig begraben, ist mehrheitsfähig, und davon lassen wir uns auch nicht durch kriminalsoziologische Studien abbringen, die immer wieder dasselbe Ergebnis zeigen, dass seelisch Kranke nämlich nicht krimineller sind als die sogenannten „Gesunden“ und dass sie auch nicht öfter rückfällig werden als andere.

Wir wollten es so, dass Kriminelle, denen man das Etikett „psychisch krank“ anheftet, faktisch strenger bestraft werden als psychisch Gesunde. Wir haben uns nicht dafür interessiert, dass die Einweisung in eine „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“, wie das in Österreich so entlarvend heißt, nicht bedeutet, dass die Betroffenen in einer Klinik so behandelt werden, dass das psychische Problem, das zur Tat führte oder eine Tat eskalieren ließ, behandelt wird, auf dass der Täter dies nicht mehr mache, sondern dass man diese Menschen präventiv wegsperrt und mit Medikamenten vollstopft und nie wieder raus lässt. „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“ bedeutet oft genug 23 Stunden Zellenaufenthalt, schwerste Medikation zur Ruhigstellung, keine Gesprächstherapie und totales Ausgeliefertsein an Pfleger und Wärter (so zumindest geschehen dort, wo Mollath einsitzt). Niemanden interessiert es, was in diesen Vorhöllen geschieht, denn wir meinen zu wissen, dass die eh alle ganz zu Recht dort sitzen, ignorierend, wie schnell man jemandem die Punzierung „geistig abnorm“ aufdrücken kann und dass dieses Stigma nie wieder weg geht. Anders gesagt: Stellen sie sich vor, man würde ihnen unterstellen, sie würden irgendwann in der Zukunft ein Verbrechen begehen. Wie können sie Ärzte und Richter vom Gegenteil überzeugen? Man hält sie noch unbegangener Verbrechen für fähig und willens und bestraft sie für diese. Ganz genau das passiert mit Gustl Mollath und Tausenden anderen wie ihm. Weil wir das so haben wollten und jene Politiker wählten, die uns genau das versprochen haben. Der Fall Gustl Mollath wird nicht vorbei sein, wenn er doch einmal rauskommen sollte. Dieser Fall sollte uns darüber nachdenken lassen, wie leichtfertig wir inzwischen mit einem der vornehmsten Menschenrechte, dem auf Freiheit nämlich, umgehen.

Der Knast – natürliche Heimat der Alpen-Donau-Nazis

Nazis, was habe ich euch im Jahr 2009 versprochen? Das da: „Es reicht. Gegen die Betreiber der Naziwebsite Alpen-Donau.info wird ab sofort mit allen Mitteln, die der Rechtsstaat hergibt, vorgegangen. Ich lasse mir diese Scheiße nicht länger gefallen. Auch wenn es lange dauern sollte: Die Website wird verschwinden und die Verantwortlichen werden sich vor Gericht wiederfinden.“ Und was ist passiert? Die Website gibt es nicht mehr und die drei Hauptveranwortlichen wurden gestern in erster Instanz zu hohen Haftstrafen verurteilt. Nachdem ihr, Nazis, mich und andere Jahre lang auf dieser Website beleidigt, bedroht, verleumdet und zum Abschuss frei gegeben habt (mit Fotos und Privatadressen) und nachdem ihr dort auf abscheulichste Weise gegen alles, was nicht braun ist, gehetzt habt, weil ihr dachtet, wir kriegen euch nicht, sei es mir heute gestattet, ein Bier darauf zu trinken, dass drei eurer Rädelsführer in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach keinen Schaden mehr anrichten werden.

Und jenen, die nun meinen, neun Jahre Knast seien doch arg viel, möchte ich sagen: Der Strafrahmen liegt bei bis zu 20 Jahren. Der Küssel ist seit Anfang der 80er Jahre (!) ein unverbesserlicher Wiederholungstäter. Mit weniger als der Hälfte des Strafrahmens ist der noch billig davongekommen. Und nein, hier geht es nicht um „Meinungsdelikte“, denn nationalsozialistische Wiederbetätigung ist keine Meinung, sondern in Österreich aus gutem Grund ein Verbrechen. Die „Meinung“, die Küssel vertritt, sieht übrigens in seinen eigenen Worten so aus:  Im Parlament ist´s einfach ein Jammer / aber in 20 Jahren ist´s eine Gaskammer /  Da kann man durch Reden nichts mehr erreichen / und es gibt einzig schöne Gasleichen / Wartet nur Brüder, denn wir kommen wieder / und haun´ das rote Gesindel dann nieder / Wartet ihr Brüder, denn jetzt kommt die Rache / Juda verrecke und Deutschland erwache. / Und sind wir dann die alleinige Führung / dann weinen sie alle nur mehr vor Rührung/ Die Juden die haben dann die nötige Reife / und sind paketiert zu schöner Kernseife / Das ist kein Mensch, das ist ein Jud / frag nicht lang nach, mach ihn kaputt / das ist kein Mensch, das ist ein Aff`/ frag nicht lang nach, mach einfach “paff”. 

Noch ist die Causa nicht gegessen und es sind noch viele Fragen offen. Trotzdem bin ich heute in Feierlaune, denn die Urteile sind eine kleine Genugtuung dafür, von dieser Bande viel zu lange terrorisiert worden zu sein. Ich bin sicher nicht der einzige, der sich jetzt denkt: „Recht so“.