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Europa, Kontinent der depressiven Greise

Sterbende Gesellschaften erkennt man unter anderem an ihrem Mangel an Optimismus und Zukunftshoffnung. Aufstrebende Gesellschaften hingegen sind neugierig, aufgeschlossen und voller Hoffnung auf bessere Tage.

Europa wirkt derzeit wie eine sterbende Gesellschaft, und das ist dieser Kontinent ja tatsächlich. Die Geburtenraten und das Zahlenverhältnis zwischen Jungen und Alten sprechen eine deutliche Sprache. Europa vergreist, und entsprechend sieht auch die Politik aus, die hier gemacht wird. Europa ist ein Altersheim, und wie das mit älteren Menschen halt so ist, haben viele Bewohner Angst. Man realisiert, dass das Leben sich seinem Ende nähert und hat entsprechend wenig Hoffnung.

Keine Hoffnung zu haben empfiehlt Österreichs Innenministerin Mikl-Leitner auch den Flüchtlingen „Das Problem ist, dass immer noch Hoffnungen und Erwartungen der Flüchtlinge geweckt werden“, zitierten die Medien vor kurzem die ÖVP-Politikerin. Derweil lässt Österreich in Afghanistan Plakate anschlagen, auf denen davor gewarnt wird, sich ein besseres Leben in Europa zu erhoffen.

Doch außerhalb der europäischen Seniorenresidenz will man sich partout nicht mit der anempfohlenen depressiven Genügsamkeit anfreunden. Dort wohnen nämlich noch Menschen, die nicht nur Brot und Wasser und eine Pritsche in einem Lager haben wollen, sondern eine Zukunft. Sie wollen nicht nur existieren, sondern leben. Das ist etwas, das man in Europa zusehends verlernt. Dass das Leben nämlich mehr ist als nacktes Dasein. Deswegen werden die des Lebens überdrüssigen Europäer auch so wütend, wenn Flüchtlinge oder Migranten sich nicht in das für sie vorgesehene Los fügen und widerstandslos in Lagern dahinvegetieren, sondern „frech“ ein selbstbestimmtes Leben haben wollen. Das sei „undankbar“, heißt es dann, obwohl es doch nur menschlich ist.

Hoffnungslos werden, depressiv sein – das verlangt die europäische Politik seit ungefähr 20 Jahren von allen, die in der gesellschaftlichen Hackordnung unten stehen. Arbeitslose, Kranke, Behinderte und Minderheiten aller Art sollen froh sein, dass man sie nicht verhungern lässt oder umbringt, statt nach Teilhabe und Inklusion zu rufen. Besonders deutlich wurde diese Haltung durch die Agenda 2010 in Deutschland, die aus einer Arbeitslosenunterstützung, die noch ein halbwegs würdiges Leben ermöglichte, Hartz-IV machte, das nur mehr das nackte Überleben gewährt und auch das nur unter ständiger Drangsalierung und Demütigung der Betroffenen. Aus anspruchsberechtigten Versicherten wurden Empfängerinnen von Almosen, aus den Lebensstandard ansatzweise sichernden Leistungen Gnadenbrot. Ein Gnadenbrot, das nur dann gewährt wird, wenn sich die Empfänger völlig unterwerfen und andauernd beweisen, dass sie eh willig wären, jeden noch so schlechten Job anzunehmen, wenn es denn einen für sie gäbe. Studien haben ergeben, dass Hartz-IV-Bezieher weit häufiger an Depressionen, Angststörungen und anderen psychischen Problemen und Krankheiten leiden, als andere Teile der Gesellschaft. Ich unterstelle, dass das die Absicht dahinter ist, denn depressive Menschen ohne Hoffnung wehren sich nicht gegen ein System, das sie ausgrenzt.

Ich vermute übrigens, dass in der physischen und geistigen Vergreisung Europas auch einer der Gründe zu finden ist, warum aus der ursprünglichen Sympathie, ja Begeisterung für Israel inzwischen Ablehnung und Hass geworden ist. Als Europa selber noch jung war, sozusagen neu geboren nach dem Krieg, fühlte man eine emotionale Verbindung zu den Juden, die sich einfach nicht unterkriegen ließen und in der Wüste einen Staat schufen, den sie in ein blühendes Gemeinwesen verwandelten. Diese grundoptimistische Haltung hat sich in Israel trotz aller Rückschläge und Kriege und Bedrohungen bis heute erhalten, während in Westeuropa längst die große Angst umging. Israel ist ein führendes Technologieland mit relativ zur Bevölkerungszahl mehr Startups und Patentanmeldungen als ganz Europa. Überall in Israel gibt es offenes WLAN während in Europa jeder sein Wi-Fi mit Passwörtern absichert vor lauter Angst, jemand könne „schmarotzen“ oder sonst was böses damit anfangen. Obwohl das Leben teurer ist, die soziale Absicherung schlechter und allerorten ganz reale Gefahren lauern, sind Israelis viel optimistischer und lebensfroher als die Europäer. Selbst Seniorinnen wirken in Israel großteils besser gelaunt als ihre europäischen Altersgenossen. Kurz: Israel wirkt jung und verhält sich wie ein junger Mensch, der noch viel vorhat. Das aber finden die grantigen europäischen Greise verstörend und ärgerlich, da es ihren Neid weckt. Der Angst und dem Tod zugeneigte Menschen mögen das Lebendige und Bewegliche nicht.

Die Menschheit kann übrigens von Glück reden, dass sie nicht immer so war, wie es Mikl-Leitner und Konsorten von ihr verlangen, nämlich hoffnungslos und bescheiden, denn sonst würde sie immer noch in Höhlen wohnen oder wäre, was wahrscheinlicher ist, schon vor zehntausenden Jahren ausgestorben.

Die EU auf dem Highway to hell

Der Bericht von Amnesty International über das Flüchtlingslager Traiskirchen, in dem festgehalten wird, dass Österreich „fast alle Menschenrechtskonventionen verletzt“, bestätigt nur das, was Interessierte seit langem wissen. Ich denke, man kann der österreichischen Bundesregierung in diesem Fall kein Versagen vorwerfen, da sie nicht versagt, sondern diese Zustände ganz absichtlich herbeigeführt hat. Das ist kein Versagen, sondern die Anpassung an den volksgemeinschaftlichen Sadismus und die Erfüllung der Wünsche der xenophoben Menschenfeinde. Diese sehen es nämlich gern, wenn schwächere Menschen leiden.

Ob in Österreich, in Ungarn, in Deutschland, in Frankreich, in Großbritannien – überall dasselbe. Die Politik geriert sich nur mehr als Vorschlaghammer, der auf angeblichen oder auch tatsächlichen Wunsch von Mehrheiten schwachen Minderheiten die Zähne ausschlägt. Es ist ja kein Zufall, dass die unwürdige Behandlung von Refugees Hand in Hand daherkommt mit einer stetig zunehmenden Diskriminierung und absichtlichen Verelendung sozial Schwacher wie Arbeitslosen, Kranken und Behinderten.

Die Szenen des Schreckens, die wir aus den Flüchtlingslagern berichtet bekommen, sind gewollte Botschaften, deren Aussage ist, dass nun aber Schluss sei mit der „Humanitätsduselei“. Sie zeigen handfest, dass die derzeitige Politik vor keiner Sauerei mehr zurückschreckt. Und man bedenke: Wir sehen erst die Anfänge. In Deutschland werden demnächst „Sonderlager“ für „Balkanflüchtlinge“ (aka Roma) eingerichtet werden und der deutsche Innenminister will nicht nur finanzielle Leistungen für Flüchtlinge kürzen, sondern auch eine „Debatte über europäische Standards der Menschenwürde“ lostreten, wie der „Spiegel“ berichtet. In Ungarn bauen zur Zwangsarbeit verpflichtete Sozialhilfeempfängerinnen Stacheldrahtzäune gegen Flüchtlinge. In Österreich wird diskutiert, die Sozialhilfe auf Sachleistungen umzustellen und deren Bezieher zur Zwangsarbeit heranzuziehen.

Während in den USA ein Bundesstat nach dem anderen die Mindestlöhne erhöht, der Zugang zur Krankenversucherung massiv erleichtert und eine antizyklische Wirtschaftspolitik betrieben wird, geht Europa erneut den Weg der 1930er Jahre. In den USA füllt der linke Politiker Bernie Sanders ganze Sportstadien, in Europa läuft man lieber rechtsextremen Rattenfängern hinterher. Die von Deutschland geführte und weitgehend von rechten Regierungen dominierte EU fährt mit fliegenden Fahnen  zur Hölle.

It´s the System, stupid

Die Zeltlager in Österreich, die improvisierten Camps in Frankreich, die in Baracken gehaltenen und von der Mafia faktisch versklavten Tagelöhner in Italien, die Stacheldrahtzäune und das Vorgehen mit polizeilicher und militärischer Macht gegen Flüchtlinge – all das dehumanisiert nicht alleine die Opfer dieser Skandale, sondern uns alle. Es entsensibilisiert uns und bereitet uns vor auf eine demnächst anbrechende Zeit, in der so, wie es heute mit Flüchtlingen geschieht, mit allen umgegangen werden wird, die zu wenig Geld verdienen oder besitzen. Das brutale Vorgehen Europas gegen Flüchtlinge ist kein bedauerlicher Ausrutscher eines ansonsten guten demokratischen Systems, sondern einer politischen und ökonomischen Ideologie inhärent, die durch Ausschluss statt Beteiligung und durch Bestrafung der Schwachen statt deren Stärkung geprägt ist.

Auch die Wortmeldungen der Wohlmeinenden sind durchzogen von der Akzeptanz des auf den Menschen ausgedehnten Prinzips der wirtschaftlichen Verwertbarkeit. Wer sich darauf einlässt und meint, mit Beispielen von besonders fleißigen und wirtschaftlich erfolgreichen, also nach kapitalistischer Logik „nützlichen“ Migranten gegen rechtsextreme Erzählungen von „fremden Schädlingen“ argumentieren zu müssen, übernimmt bereits die inhumane Klassifizierung menschlichen Lebens nach dessen ökonomischem Wert. Besonders verinnerlicht haben dies Teile des liberalen Bürgertums, die das Ausspielen der Benachteiligten gegeneinander, wie es die Rechten praktizieren, einfach nur umdrehen und mit Genuss von syrischen Akademikern schwärmen, die so viel angenehmer seien als steirische Arbeitslose, Wiener Mindestsicherungsbezieherinnen oder Berliner Hartz-IV-Abhängige.

Die Konformität mit den herrschenden Zuständen zeigt sich auch an der unpolitischen Freiwilligenarbeit, die viele für Flüchtlinge leisten. Diese erinnert an die Suppenausgabe der Klöster, an die deutsche „Tafel“ und an Charitydinner, denen allen eines gemein ist: Das kann jederzeit und ohne dagegen vorzubringende juristische Mittel wieder beendet werden. Es sind Gnadenakte, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Und letztlich sind es systemerhaltende Aktivitäten, die zwar durchaus auch konkret Gutes bewirken, aber in erster Linie das Gewissen jener beruhigen sollen, die zu den Gewinnern der sozioökonomischen Einrichtung unserer Gesellschaft zählen und nachts manchmal aus Alpträumen hochschrecken, in denen Guillotinen, Laternenmasten und Erschießungskommandos vorkommen. Es ist selbstverständlich besser, voluntaristisch zu helfen, als das nicht zu tun, aber wer nicht gleichzeitig ein absolutes Recht auf ein würdiges Leben für alle Menschen fordert, also die Systemfrage stellt, arbeitet letztlich nur mit an der Aufrechterhaltung von Zuständen, die Menschen erst zu Migration und Flucht zwingen.

Wer macht das Unrecht? Wir!

Das Unrecht sagt nie: „Seht her, ich bin das Unrecht“. Es sagt stets: „Ich bin das Recht“. Unrechtssysteme kommen auch nicht über Nacht, sie entstehen schleichend, auf den Gewöhnungseffekt bauend, die Umdeutung der Begriffe vorantreibend, die Ermüdung ihrer Gegner ausnützend, nach und nach immer mehr Menschen zu Komplizen machend. Für Flüchtlinge vor Mord, Krieg, Verfolgung, Folter, Vergewaltigung und Not herrscht in Europa schon lange kein Recht mehr, das noch etwas mit Gerechtigkeit zu tun hätte, sondern Recht genanntes Unrecht. Wer es bis nach Europa schafft, wird eingesperrt, ganze Familien kommen in Lager, man trennt Kinder von den Eltern, man schickt diese Menschen von Land zu Land, von Stacheldrahtverhau zu Stacheldrahtverhau, als handle es sich um Tiere. Im Morgengrauen treten Polizisten, denen man ihre Menschlichkeit durch die dicken Panzerungen der Uniformen kaum noch ansieht, Türen ein und nehmen Leute mit, reißen Kinder aus den Armen ihrer Mütter und Väter, verteilen Schläge, drohen mit der Waffe. Menschen verschwinden in Polizeikasernen, werden verhört, eingesperrt und deportiert. Wer diesen Menschen hilft, wer ihnen Unterkunft bietet oder sie vor den Behörden verbirgt, vergeht sich gegen das Recht genannte Unrecht und macht sich strafbar. Haftstrafen drohen. Fluchthelfer nennen sie Schlepper, und wer Flüchtlinge unterstützt, kann wegen Beihilfe zur Schlepperei belangt werden. Menschen werden in legale und illegale eingeteilt, als dürfe man die bloße Existenz eines Menschen kriminalisieren.

Wie konnte es soweit kommen? Wann haben wir angefangen, wegzusehen? Als „guter Mensch“ zum Schimpfwort wurde? Als wir anfingen, den rassistischen Mob befrieden zu wollen, indem wir selbst immer rassistischer wurden? Als Flüchtlingsheime brannten und die Politiker darauf mit Verständnis für die Brandstifter reagierten? Als sich in der Krise zeigte, dass Toleranz, Liberalität, Solidarität und Menschlichkeit für allzu viele nur Schönwetter-Luxusschmuckstücke waren, die eine immer schon hässlich gewesene Psyche behübschen sollten? Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass einst Hunderttausende das Lichtermeer, die größte Demonstration der österreichischen Nachkriegsgeschichte, besuchten, um gegen das Anti-Ausländervolksbegehren der FPÖ zu protestieren, und heute, 20 Jahre später, viele damaligen Forderungen der Rechten umgesetzt sind und noch die gröbsten Verstöße gegen das, was anständige Leute als Menschenwürde empfinden, kaum noch Widerstand und Widerspruch auslösen.

Unrecht macht sich zu Recht, indem zunächst einer Gruppe von Menschen die Menschenrechte langsam aberkannt werden. Geschieht dies ohne allzu große Widerstände, wird das Unrecht auf weitere Gruppen ausgedehnt. Nicht Flüchtlinge allein sind in Europa bedroht, auch Europäerinnen und Europäer bekommen zu spüren, dass 70 Jahre antifaschistische Sonntagsreden aus Arschlöchern keine besseren Menschen gemacht haben. In Duisburg formierte sich ein Pogrom-Mob gegen ein Haus, in dem vornehmlich Roma wohnen. Die Mordlust sprang einem aus tausenden Internetkommentaren ebenso entgegen wie aus den Augen und Mündern jener Brandstifter in spe, die sich vor dem Haus zusammenrotteten. Ähnliches geschah kurz danach in Österreich, wo ländliche Jugendliche sich per Facebook dazu verabredeten, Roma gewaltsam vom Grundstück eines Landwirts zu vertreiben. Jeder erhobene Zeigefinger, den westeuropäische Politikerinnen in den vergangenen Jahren gegen die systematische Diskriminierung von Roma und Sinti in Ungarn, Tschechien, Slowakei, Rumänien und Bulgarien erhoben, darf wieder in die Hosentasche gesteckt werden, denn kein Spitzenpolitiker stellte sich in Westeuropa hin und verteidigte ohne Wenn und Aber das Lebensrecht der Bedrohten. Stattdessen ließen italienische Bürgermeister Roma-Camps schleifen und die Franzosen warfen Roma aus dem Land. Reisefreiheit, Niederlassungsfreiheit – alles nur Gewäsch, wie sich nun zeigt. Sobald die Spießbürger mordlüstern werden, weil jemand den Müll nicht so entsorgt wie sie, wird Politik im Sinne der Mordlüsternen gemacht.

Wir alle sind schuld an den Zuständen. Wir, die wir jahrelang tatenlos zuschauten, wie Jörg Haider „mutmaßlich straffällige Asylbewerber“ in ein Lager in den Bergen steckte. Wir, die wir mit den Achseln zuckten, als Polizisten Marcus Omofuma umbrachten. Wir, die wir uns wieder in die Betten kuschelten, als wir von Verhaftungen und eingetretenen Türen hörten. Wir, die wir zuließen, dass freche Bösmenschen den Begriff „Gutmensch“ zum Schimpfwort machten und in Millionen Gehirne damit die Botschaft einpflanzten, es sei okay, ein Drecksack zu sein. Wir, die wir uns einen Scheiß um unsere Mitmenschen kümmern weil wir nicht merken, dass unser Egoismus letztlich auch unser eigener Untergang sein wird. Wir, die wir es ertragen können, dass Menschen in mit Stacheldraht bewehrten Käfigen sitzen, bloß weil sie Flüchtlinge sind.

Willkommen im Faschismus

Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist sowas wie ein moralischer Kompass, der ständig nach Süden zeigt: Das Gegenteil von dem, was sie macht und meint, ist richtig und human. Wenn also diese Person mit etwas „hochzufrieden“ ist, dann müssen alle verdammten Alarmglocken losgehen. „Hochzufrieden“ ist die Polizeiministerin mit der Einigung der EU-Staaten auf die faktische Beendigung der Reisefreiheit im Schengen-Raum. Die „Reform“ des Schengen-Abkommens, die im Herbst auf das betreiben Deutschlands (!) hin über die Bühne gehen soll, ermöglicht es den einzelnen Staaten, ihr Grenzregime für jeweils zwei Jahre wieder hoch zu fahren, wenn ein „massiver Flüchlingsansturm“ drohe. Mikl-Leitner reicht dieser Gummiparagraf, mit dem eine der letzten positiven Eigenschaften der EU, die Reisefreiheit nämlich, demnächst der Vergangenheit angehören wird, noch nicht. Sie fürchtet sich nicht nur vor Afrikanern, es plagt sie auch die Vorstellung, arme Schengenbürger könnten die Frechheit besitzen, in reichere Schengenländer umzusiedeln: „Gerade wenn’s um Sozialtourismus geht, muss man das rechtzeitig analysieren und im Vorfeld überlegen, was es da für Konsequenzen gibt“.

Mit Leuten wie Mikl-Leitner an den europäischen Schalthebeln ist es kein Wunder, dass die EU vor die Hunde geht, aber schlimmer gehts immer, und es wird schlimmer kommen. Viel schlimmer. Der Krieg gegen die Armen wird demnächst ausgedehnt auf die Behinderten und seelisch Kranken. Ungarn plant bereits, psychisch Kranken, Suchtkranken und Bevormundeten das Wahlrecht zu entziehen. Die Aberkennung demokratischer Grundrechte   gewisser Gruppen ist der erste Schritt zur deren Vernichtung. Ich wette, dass es gegen diese Politik kaum oder gar keinen Protest anderer europäischer Staaten geben wird. Weshalb auch, Politik gegen Kranke zu machen, ist längst unausgesprochener europäischer Konsens geworden. In den südeuropäischen Krisenstaaten ist das Menschenrecht auf leistbare medizinische Behandlung nicht mehr gegeben, was natürlich chronisch Kranke härter als alle anderen trifft. In Großbritannien streicht die konservative Regierung Zehntausenden Behinderten die Unterstützungszahlungen. Und in Österreich hat die sozialdemokratisch geführte Regierung die Invaliditätspension für Menschen unter 50 faktisch abgeschafft. Ab 2014 wird das zur wirtschaftlichen Zerstörung Tausender Menschenleben führen. Vor allem für seelisch Kranke wird es lebensgefährlich, denn die werden nach den Plänen von „Sozial“minister Hundstorfer (SPÖ) vor die Wahl gestellt werden, entweder ganz wundersam gesund zu werden, oder in psychiatrischen Kliniken zu verschwinden. Wer nicht „gesund“ werden kann, soll so lange schikaniert und gedemütigt werden, bis er aufgibt und sich selbst beseitigt.

Der neue Faschismus „droht“ uns nicht, wir leben bereits in ihm.

Der ewige Nazi

Erstmals seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts hetzt eine Partei in Österreich gegen eine Gruppe von Menschen mit der Behauptung, diese Gruppe würde Krankheiten verbreiten. Es ist natürlich die FPÖ, die auf Motive der NS-Propaganda zurückgreift.

Das neue „Handbuch für freiheitliche Politik“, ein Leitfaden für Parteifunktionäre, macht das Zuwanderungsthema zum Hauptmotiv, berichtet Ö1. (…) Nicht nur für Kriminalität und Arbeitslosigkeit seien die Zuwanderer in Österreich verantwortlich, sondern auch für hohe Immobilienpreise und sogar für die Verbreitung von Krankheiten. Von Ö1 dazu befragt, meint FPÖ-Vizechef Nobert Hofer, dies dürfe man nicht als Pauschalurteil missverstehen. „Wer im Ausland unterwegs ist, bringt Krankheiten mit herein“, meint er.

Das historische Vorbild: „Ratten verursachen Krankheiten wie Pest, Lepra, Cholera etc. Sie sind hinterlistig, feige und grausam und treten meist in großen Scharen auf. Sie stellen unter den Tieren das Element der heimtückischen, unterirdischen Zerstörung dar. Nicht anders als die Juden unter den Menschen.“ (Aus dem nationalsozialistischen Hetzfilm „Der ewige Jude“)

Massengrab Mittelmeer

Mehr als 2.000 Menschen sind allein im Jahr 2001 beim Versuch, Europa zu erreichen, hilflos im Mittelmeer ertrunken. Manchmal sind die Männer, Frauen und Kinder  in Rufweite von Nato-Kriegsschiffen verreckt. Zwischen 1961 und 1989 starben 136 Menschen an der Berliner Mauer. Letzteres empört uns ganz zur Recht bis heute. Warum aber sind uns die Tausenden, die an Europas Außengrenze krepieren, egal? Weil die rein wollen, während die anderen raus wollten? Weil es angeblich edler ist, vor dem Kommunismus zu fliehen, als vor Hungertod und tiefstem Elend? Weil Afrikaner für uns trotz aller Sonntagsreden Menschen zweiter, nein dritter Klasse sind? Weil wir egoistische Arschlöcher sind, denen das massenhafte Sterben vor unserer Haustür am Arsch vorbei geht? Weil es uns wurscht ist, dass das Mittelmeer, an dem wir so gerne Urlaub machen, längst eines der größten Massengräber der Welt geworden ist?

Justizwahnsinn: Zwei Jahre bedingt für Kindesvergewaltigung und Entführung

Der Lindwurm ist bekanntermaßen kein großer Fan einer „Rübe-ab-Justiz“, aber was sich das Landesgericht im deutschen Osnabrück geleistet hat, kann auch ich nicht mehr nachvollziehen. Da wurde ein elfjähriges Mädchen entführt und vergewaltigt, und dafür fasst der Haupttäter eine Bewährungsstrafe aus? Zwei Jahre bedingt? Und seine Komplizen müssen auch nicht in den Knast? Ich zitiere:

Sowohl der heute 26-jährige Haupttäter als auch seine Eltern legten vor dem Landgericht umfassende Geständnisse ab, so dass dem Opfer eine Aussage über die schlimmen Tage im Oktober 2006 erspart blieben. Ihnen war offenbar auch bekannt, dass Geschlechtsverkehr mit unter 14-Jährigen unabhängig von jeder kulturellen Tradition eine Straftat ist, die auch in ihrem Herkunftsland strafrechtlich verfolgt wird. Nach einer Vermisstenmeldung hatten die Entführer aus dem Osnabrücker Land im Oktober 2006 nämlich mit ihrem elfjährigen Opfer die Wohnung gewechselt, um einer möglichen polizeilichen Verfolgung zu entgehen. Außerdem war dem Kind das Handy abgenommen worden, damit es keine Hilfe herbeirufen konnte. Eine Tat, die auch nach Feststellungen der Verteidiger der drei Angeklagten durch nichts zu entschuldigen ist. Das betonte auch der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Die große Strafkammer verhängte mit zwei Jahren Haft für den 26-Jährigen die auch von der Staatsanwaltschaft geforderte Mindeststrafe. Die 51 jährige Mutter wurde als Anstifterin zur gleichen Strafe verurteilt, der 52 Jahre alte Vater zu einem Jahr und sechs Monaten. Alle drei bekommen eine Strafaussetzung zur Bewährung auf drei Jahre.

Eine Gruppe von Leuten entführt also geplant und gezielt ein Kind, macht es völlig wehrlos, vergewaltigt es, weiß sehr wohl über die Strafbarkeit der Tat bescheid…. und es gibt Bewährungsstrafen? Warum? weil die Täter Analphabeten „aus dem muslimischen Kulturkreis“ sind, sich auf „Tradition“ berufen  und daher milder zu behandeln seien als autochthone Kinderficker? Sorry, aber diesen extremen Fall von „Migrantenbonus“ (genauer und weniger polemisch: Kulturrelativismus) vor Gericht kann wohl kein Mensch nachvollziehen oder gut finden.

Skandal: Diplomat redet Tacheles

Kadri Ecved Tezcan, türkischer Botschafter in Österreich, hat wohl was richtig gemacht, wenn fast die gesamte politische Versagerklasse über ihn herfällt. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist über Tezcans Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ empört und schimpft in Richtung des Türken: „unprofessionell und inakzeptabel“. Vizekanzler Erwin Pröll (ÖVP) will nicht nachstehen: „Es ist absolut unangemessen und inakzeptabel, dass sich ein Diplomat in dieser Form über die Innenpolitik seines Gastlandes äußert und ein Regierungsmitglied öffentlich derart abqualifiziert“. Auch das abqualifizierte Regierungsmitglied meckert zurück: Innenministerin Maria Fekter wies die Kritik via Aussendung zurück: Die Aussagen Tezcans seien „eine unglaubliche Entgleisung“. Es sei „eines Botschafters unwürdig, sein Gastland so zu attackieren“, so Fekter. Und die FPÖ fordert den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur Türkei.

Und was hat  der Diplomat gesagt, das SPÖ, ÖVP und FPÖ vor Wut schäumen lässt? Hier ein paar Auszüge aus dem Eklat-Interview:

Integration ist ein Prozess. Ich war vor fast zwanzig Jahren Generalkonsul in Hamburg. Jedes Jahr lud ich die Mädchen und Buben, die aufs Gymnasium aufgenommen wurden, in meine Residenz ein und gratulierte ihnen mit Geschenken. Es gab damals so wenige türkische Gymnasiasten. Heute könnte ich das in Österreich nicht tun, denn es gibt hierzulande ungefähr 2000 türkischstämmige Studenten, die hier geboren wurden, plus 20.000 türkische Gymnasiasten. Das ist wunderbar.

Wir müssen noch einige Hausaufgaben erledigen. Aber auch die österreichische Seite muss etwas unternehmen. Es gibt Schulen, in denen türkische Kinder mit 60, 70 Prozent die Mehrheit stellen. Warum? Weil sie in Ghettos leben. Wenn Türken in Wien Wohnungen beantragen, werden sie immer in dieselbe Gegend geschickt, gleichzeitig wirft man ihnen vor, Ghettos zu formen. Und österreichische Familien schicken ihre Kinder nicht an Schulen, in denen ethnische Minderheiten die Mehrheit stellen. So werden Türken in die Ecke gedrängt.

-Außer im Urlaub interessieren sich die Österreicher nicht für andere Kulturen. Österreich war ein Imperium mit verschiedenen ethnischen Gruppen. Es sollte gewohnt sein, mit Ausländern zu leben. Was geht hier vor?

-Die Welt ändert sich. Es geht nicht mehr darum, wer dominiert und wer nicht. Es gibt keine Grenzen. Je mehr Kulturen es gibt, desto reicher werden wir.

-Integration ist ein kulturelles und soziales Problem. Aber in Österreich ist das Innenministerium für Integration verantwortlich. Das ist unglaublich. Das Innenministerium kann für Asyl oder Visa und viele Sicherheitsprobleme zuständig sein. Aber die Innenministerin sollte aufhören, in den Integrationsprozess zu intervenieren. Wenn man dem Innenministerium ein Problem gibt, wird dabei eine Polizeilösung rauskommen. (…) Ich habe mit der Innenministerin gesprochen. Sie möchte das alles nicht hören. Sie ist in der falschen Partei.

-Was sie (Fekter, Anm.) vertritt, entspricht nicht einer liberalen, offenen Geisteshaltung. Das Gleiche gilt übrigens auch für Angela Merkel. Ich war so überrascht, als sie vor zwei Wochen sagte, Multikulturalismus habe versagt und Deutschland sei eine christliche Gesellschaft. Was für eine Mentalität ist das? Ich kann nicht glauben, dass ich das im Jahr 2010 in Europa hören muss, das angeblich das Zentrum der Toleranz und Menschenrechte ist. Diese Werte haben andere von euch gelernt, und jetzt kehrt ihr diesen Werten den Rücken. Trotzdem will ich nicht sagen, dass die Migranten keine Fehler gemacht haben.

-Ich habe ihn (FPÖ-Chef Strache, Anm.) getroffen. Wir haben übereingestimmt, in nichts übereinzustimmen, was Integration anlangt. Strache hat keine Idee, wie sich die Welt entwickelt. Ich habe auch noch nie eine sozialdemokratische Partei wie in diesem Land gesehen. Normalerweise verteidigen Sozialdemokraten die Rechte von Menschen, wo immer sie auch herkommen. Wissen Sie, was mir Sozialdemokraten hier gesagt haben? „Wenn wir etwas dazu sagen, bekommt Strache mehr Stimmen.“ Das ist unglaublich.

-Wenn etwas nicht zu Ihrer Kultur gehört, haben Sie dann das Recht zu sagen, Sie wollen diese Menschen nicht? Das ist eine andere Kultur, ein anderes Parfum, eine andere Folklore. Ihr müsst damit leben. Warum habt ihr 110.000 Türken eingebürgert? Wie konntet ihr sie als Bürger akzeptieren, wenn es so ein großes Integrationsproblem mit ihnen gibt? Ihr müsst mit ihnen reden. Die Türken sind glücklich, sie wollen nichts von euch. Sie wollen nur nicht wie ein Virus behandelt werden. Die Gesellschaft sollte sie integrieren und von ihnen profitieren. Ihr müsst keine Migranten mehr holen. Ihr habt sie hier. Aber ihr müsst an sie glauben, und sie müssen an euch glauben.

-Wir wollen auch nicht, dass unsere Töchter zwangsverheiratet werden.

-Ich sage meinen Leuten immer: Lernt Deutsch und haltet euch an die Regeln dieses Landes!

-Die Leute wollen hier keine Frauen mit Kopftüchern sehen. Ist das denn gegen das Gesetz? Nein, ihr habt da nichts zu sagen. Es steht jedem frei, was er auf dem Kopf trägt. Wenn es hier die Freiheit gibt, nackt zu baden, sollte es auch die Freiheit geben, Kopftücher zu tragen. Wenn jemand die Leute zwingt, Kopftücher zu tragen, dann sollte der Rechtsstaat intervenieren. Dasselbe muss für jene gelten, die sich weigern, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Wir haben ein Problem mit Mädchen, die mit 13 nicht mehr in die Schule gehen.

-Viele türkische Eltern glauben, dass ihre Kinder perfekt Deutsch und Türkisch sprechen. Ich erkläre ihnen dann, dass man mit 500 Wörtern noch keine Sprache beherrscht und ihre Kinder weder Deutsch noch Türkisch gut sprechen. Hier liegt das Problem: In den letzten 20 Jahren haben uns österreichische Regierungen nicht erlaubt, Lehrer aus der Türkei zu holen, um die Kinder in Türkisch zu unterrichten. Wenn Kinder ihre Muttersprache nicht korrekt lernen, werden sie auch eine andere Sprache nicht gut erfassen.

-Ob Eltern, Kinder oder Jugendliche, sie sollten alle Deutsch können. Jedes Kind sollte den Kindergarten besuchen. Ab drei oder vier, wie in den österreichischen Familien.

-In dieser Stadt (Wien, Anm.), die behauptet, ein kulturelles Zentrum Europas zu sein, stimmten fast 30 Prozent für eine extrem rechte Partei. Wenn ich der Generalsekretär der UNO, der OSZE oder der Opec wäre, würde ich nicht hier bleiben. Wenn ihr keine Ausländer hier wollt, dann jagt sie doch fort. Es gibt viele Länder auf der Welt, in denen Ausländer willkommen sind. Ihr müsst lernen, mit anderen Leuten zusammenzuleben. Was für ein Problem hat Österreich?

-In den ersten Monaten nach seiner Ankunft macht ein Botschafter Höflichkeitsbesuche. Als ich um ein Treffen mit dem Außenminister ansuchte, hieß es, der Außenminister empfängt keine Botschafter. Können Sie das glauben? Ich bin ein Botschafter von 250.000 Menschen, die in diesem Land leben. Über welchen Dialog reden wir hier?

Welch Skandal! Ein Diplomat redet Klartext statt um den heißen Brei herum. Lasst ihn uns teeren und federn! Grundgütiger, der türkische Botschafter hat völlig recht: Was zum Teufel ist los mit Österreich, dass die politische Kaste wegen eines Interviews, in dem mal einer sagt, was tatsächlich Sache ist in diesem Land, einen auf Volksgemeinschaft macht? Ist es etwa falsch, dass Türken Deutsch können sollten? Ist es falsch zu fordern, dass der Rechtsstaat dagegen einschreiten sollte, wenn Mädchen gezwungen werden, Kopftücher zu tragen? Ist es falsch, einer feigen Sozialdemokratie Feigheit vorzuwerfen? Ist es falsch, mit Strache übereinzustimmen, dass man mit ihm in nichts übereinstimmt? Ist es falsch zu fordern, dass Integrationsagenden nicht im Polizeiministerium liegen sollten? Ist es falsch, Merkels Anbiederei bei den Sarrazinisten anzuprangern?

Nein, das alles ist nicht falsch. Kadri Ecved Tezcan gefällt mir. Er ist vom Schlage eines Avigdor Liberman, denn wie der israelische Außenminister spricht er Tacheles statt weichgekochtes Diplomatengewäsch. Natürlich kann man ihm in manchen Punkten auch widersprechen und sollte zB erwähnen, dass gerade die Stadt Wien im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr viel für die Integration und gegen die Benachteiligung von türkischstämmigen Zuwanderern tut. Und objektiv schlecht geht es den „Türken“ weder in Österreich, noch in Deutschland. Aber dass auch einem Botschafter einmal der Kragen platzen kann angesichts des Rechtsdralls und des zunehmend  undifferenzierten Islamhasses, die EU-Europa erfasst haben, kann ich gut nachvollziehen.

Das „Ausländerproblem“

Das „Ausländerthema“ hat, glaubt man der Wahlmotivforschung, viele Wiener dazu bewogen, eine Partei zu wählen, auf derem zweiten Listenplatz ein gewisser Johann Gudenus kandidierte, der so schöne Sätze sagt wie: „Ich lasse mir von der Faschismuskeule nicht meinen Brei verderben“. Viel schlechter Deutsch spricht ein vor zwei Wochen illegal eingereister Tschetschene auch nicht. Überhaupt, die Ausländer! Fragt man die armen Hascherln, die sich vor den Fremden so zu fürchten vorgeben, dass sie den Strache quasi wählen müssen, bekommt man meist wunderliche Legenden zu hören. Da ist dann von „Ausländern“ die Rede, die ohne Wartezeit eine Gemeindewohnung bekommen hätten, während der Schwippschager der Schwester der Cousine jenes Arbeitskollegen, von dem man diese skandalöse Sache erfahren habe, schon seit Jahren auf einen Platz im Billigmieteparadies warten müsse, und dieser Schwippschwager der Cousine eines Arbeitskollegen sei sicherlich nicht ausländerfeindlich, aber seine brutale Schlechterbehandlung durch die Gemeinde Wien beweise, dass „die Roten nur für die Ausländer sind“. Beliebt ist auch das Märlein vom „Ausländer“, der, kaum in Österreich angekommen, sich gar nicht mehr wehren könne vor lauter Sozialknete und der dann, reich geworden durch Transferleistungen, die er, so die Erzählung, allein aus dem Grund bekomme, weil er „Ausländer“ sei, frech mit dem BMW auf die Donauinsel fährt, wo er wochentags höhnisch seinen Hammel grillt, während die armen Autochthonen im Schweiße ihres Angesichts brav arbeiten. Solcherlei Fantasystories habe ich nicht erfunden, die machen tatsächlich die Runde und werden gerne geglaubt. Schon zu den Zeiten des politischen Aufstiegs Jörg Haiders habe ich Leute, die ich für klüger gehalten hatte, derlei Geschichten erzählen hören, und es hat sich nichts geändert. Zwar waren diejenigen, die diesen Quatsch verbreiten und glauben, während der Zeit der Regierungsbeteiligung der FPÖ ein bisschen stiller, weil sie intellektuell zu verdauen versuchten, dass die Blauen die „Ausländer“ nicht mit Zahnbürsten die Gehsteige putzen ließen oder sie per Viehwaggons außer Landes schafften, sondern im Gegenteil den Zuzug billiger Arbeitskräfte zum Wohle ihrer eigentlichen Klientel, dem Großkapital nämlich, mehr förderten, als es eine SPÖ je tat, und dass Haiders „Partei der Kleinen Leute“ vehement die Massensteuern erhöhte und Volksvermögen zu Gunsten ihrer finanzkräftigen Förderer verschleuderte, doch kaum war das blau-schwarze Gruselkabinett abgewählt, waren auch all die  gebrochenen Wahlversprechen der FPÖ vergessen und schon bald konnte sich Strache erfolgreich als Reservehaider inszenieren. So ein extrem schlechtes Kurzzeitgedächtnis ist nur mit Debilität zu erklären, da braucht man gar nicht erst Verständnis für die ach so armen „Protestwähler“ heucheln.

Natürlich gibt es auch ganz reale Probleme, die die Migration mit sich bringt, doch die meisten davon sind recht einfach lösbar. Wenn der neu in die Mietskaserne eingezogene türkischstämmige Nachbar immer wieder spät nachts laut Musik spielt, lässt sich das, falls gutes Zureden nichts bringt, durch einen Anruf bei der Hausverwaltung oder der Polizei abstellen. Das gilt auch für andere gern angeführte Reibereien mit Zuwanderern. Es gibt Regeln und Gesetze und an die haben sich alle zu halten. Wer allerdings seinen Nachbarn hasst, nur weil der eine dunklere Hautfarbe, eine krummere Nase oder eine andere Religion hat, dem ist gesetzlicherseits nicht zu helfen, denn gegen rassistische Ärgergefühle sind Polizist und Bezirksrat machtlos. Machtlos, weil man es mit dem Irrationalen zu tun hat. Ein Rassist wird sich, um ein in Wien oft gehörtes Zitat zu verwenden, auch dann „als Fremder in der eigenen Stadt“ fühlen, wenn er durch die Zuwanderung keinen einzigen realen Nachteil erleiden muss. Er mag halt einfach keine Fremden, it´s as simple as that.

Was also tun? Selbstverständlich sollte die Politik dafür Sorge tragen, dass sie dort, wo sie das zivilisierte Zusammenleben befördern kann, dies auch macht. Tut sie meines Wissen ja auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Was die Politik zwar könnte, aber keinesfalls sollte, ist, rassistischen Ressentiments nachzugeben und dem Pöbel Befriedigung zu verschaffen, indem sie auf noch schwächere Gruppen losgeht. Und man sollte auch den Mut aufbringen und den Leuten reinen Wein einschenken! Österreich, wie auch alle anderen EU-Staaten, sind Einwanderungsländer, die ethnische und kulturelle Zusammensetzung ändert sich, der „White Man´s Blues“ wird bald ausgesungen sein. Wem das nicht passt, der kann ja empörte Leserbriefe an die „Krone“ oder „Politically Incorrect“ schreiben und sich ärgern, bis er platzt. Ich persönlich habe jedenfalls keine Lust mehr, Verständnis für Depperte aufzubringen, oder, wie es einst ein französischer Politiker angesichts des Aufstiegs des Front National einmal sagte: „Arschlöcher sollte man Arschlöcher nennen dürfen“.