Der Linzer Polizist Uwe Sailer stellte seit 2007 ernsthafte Ermittlungen gegen Neonazis an, denn er hatte irrtümlich geglaubt, als Beamter des demokratischen Rechtsstaates Österreich sei es seine Pflicht, gegen Feinde dieses demokratischen Rechtsstaates vorzugehen. Weiters hatte er irrtümlich angenommen, das demokratische Österreich mit seinem Sicherheitsapparat und seinen Parteien stünde vorbehaltslos auf der Seite der Verteidiger der Demokratie. Passsiert ist jedoch dies: Während die Neonazis mit massiven Drohungen und Verleumdungen auf Sailer losgingen, hat die FPÖ, die von eben diesen Neonazis stolz als „Vorfeldorganisation“ bezeichnet wird, die Suspendierung Sailers betrieben (und auch erreicht) und mehrere Anzeigen gegen ihn eingebracht. Die FPÖ, eine Partei, die im österreichischen Parlament sitzt und gute Chancen hat, bei den Wahlen 2013 stärkste Kraft im Land zu werden, hat also arbeitsteilig mit Nazis versucht, die Existenz eines Beamten zu zerstören, weil es dieser wagte, im braunen Sumpf umzurühren. Nun wurde zwar die Suspendierung endlich aufgehoben, da sich die Vorwürfe der FPÖ als haltslos erwiesen haben, doch die Nazis und die „Freiheitlichen“ haben ihr Ziel trotzdem erreicht: Sailer will nie wieder gegen Neonazis ermitteln, denn: „Das hält man psychisch nicht durch“.
Der Fall Sailer ist exemplarisch. Wie ihm ergeht es vielen Österreicherinnen und Österreichern, die es wagen, gegen Neonazis aufzutreten. Wer sich das traut, gegen den wird nicht bloß auf braunen Internetseiten eine Menschenhatz inszeniert, nein, er steht dann auch noch allein da. Die Polizei, die solche Menschen schützen sollte, unternimmt nichts. Die Politik lässt Menschen, die von den neuen Nazis bedroht, verleumdet und gestalkt werden, im Regen stehen. Mit Ausnahme der Grünen, die bemühen sich wenigstens, leider mit geringem Erfolg. Das System ist am Kippen, denn nicht jene müssen mit Verfolgung und Bedrohung rechnen, die die unmenschlichste Ideologie der Menschheitsgeschichte verbreiten und den Naziterror wieder auferstehen lassen wollen, sondern jene, die gegen diese Entwicklung auftreten. Wer den Nazis in die Quere kommt, selbst wenn er „nur“ seiner Staatsbürgerpflicht nachkommt, also zum Beispiel als Zeuge gegen Nazis aussagt oder Richter, Staatsanwalt oder Geschworener in einem Neonaziprozess ist, oder einfach nur Jude ist, muss feststellen, dass er sich rasch auf schwarzen Listen wiederfindet, dass man ihn im Internet für vogelfrei erklärt. Und dass er verdammt einsam ist. Der Staat Österreich und seine Organe senden eine klare Botschaft: „Wenn du dich mit Nazis anlegst, werden wir dir nicht helfen. Wenn Nazis massivst hetzerisch und drohend auftreten, werden wir nichts dagegen tun. Diese Sache mit der wehrhaften Demokratie und dem Nie Wieder, die meinen wir nicht ernst“. Ein Staat, der solcherlei Signale aussendet, ist bereits sturmreif geschossen, von dem ist keine Gegenwehr mehr zu erwarten, wenn die Braunen Ernst machen.
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