Nachdem in immer mehr Produkten nicht deklariertes Pferdefleisch auftaucht, sind auch die üblichen Verdächtigen wie Agrarpolitiker, Haubenköche mit Missionierungsdrang und ähnliche Lobbyisten der Hochpreis-Lebensmittelbranche zur Stelle und sagen in jedes Mikrophon und jedes Diktiergerät, das man ihnen vor die Nase hält, die Konsumenten seien schuld, da diese lieber zu „billigen“ statt zu, angeblich dem entgegengesetzt, „hochwertigen“ Nahrungsmitteln griffen. Teures Essen von regionalen Herstellern sei die einzige Alternative zu Black Beauty in der Lasagne, so die Botschaft. Blöd nur, dass nun immer mehr Fälle wie jener in Kärnten bekannt werden, wo ein Produzent von Wurstwaren, die nachweislich dem oberen Preissegment zuzuordnen sind und mit der Verwurzelung in der Region beworben wurden, mutmaßlich seine Gewinnspanne mit dem Einsatz von Pferdefleisch aufgepeppt hat. Wir haben es nicht mit einem Symptom von Preiskämpfen zu tun, sondern mit Kontrollversagen und gewerbsmäßigem Betrug in großem Stil. Ob Großkonzern oder Kebabbude, ob Agrarriese oder Biobauer – die Versuchung, die Konsumentinnen zu betrügen, muss groß sein und die Angst vor Strafe kaum vorhanden. Dieser Haltung spielt auch die bisherige Berichterstattung der Medien in die Hände, die sich vor allem darauf versteift zu betonen, dass Gaul statt Rind nicht gesundheitsschädlich sei, und dem eigentlichen Skandal, nämlich dem systematischen Etikettenschwindel, bislang zuwenig Aufmerksamkeit schenkt. Es geht aber nicht um die Vor- und Nachteile verschiedener Fleischsorten, sondern darum, dass in einem Lebensmittel, dessen Kennzeichnung und Werbung behauptet, es enthielte Rind statt Pferd, auch Rind statt Pferd drin sein muss. Nicht die Konsumenten sind in der Pflicht, sondern die Lebensmittelkontrolleure, die Strafverfolgungsbehörden und die Regierungen.
Schlagwort: Pferdefleisch