Die Sozialdemokratische Partei Österreichs liegt im Sterben. Das könnte man zumindest annehmen, wenn man sich ansieht, wie sich SPÖ-Chef Faymann an seinen Posten klammert und wie eine ganze Funktionärs-Clique es ihm gleichtut. Vielleicht ist Faymann schon in wenigen Tagen Geschichte. Die SPÖ aber stirbt nicht jetzt, sie starb schon vor Jahren. Im Jahr 2012, um genau zu sein. Im Frühling 2012 drohten mehrere Ratingagenturen Österreich mit einer Senkung der Bonitätsstufe und begründeten dies mit dem angeblich zu niedrigen hiesigen Pensionsantrittsalter. Nur zwei Wochen nach dieser Drohung schafften SPÖ und ÖVP die befristete Invaliditätspension für alle Menschen unter 50 ab. Zielsicher hatte man sich die wehrloseste Gruppe von Pensionsbezieherinnen herausgesucht und diese frontal angegriffen. Und wie zum Hohn nahm man Beamte und Bauern von der Neuregelung aus. Nur die Grünen protestierten und nur den Grünen ist es zu verdanken, dass das Reha-Geld, das die Invalidenrente ersetzte, nicht weit niedriger ausfiel als die Rente. Es waren die Grünen, die im Parlament eine diesbezügliche Korrektur durchsetzten. Nicht die SPÖ, nicht die ÖVP und schon gar nicht die angebliche „soziale Heimatpartei“ FPÖ.
Innerhalb der SPÖ erhob sich keine Stimme des Widerstands dagegen, ausgerechnet bei kranken Menschen den Rotstift anzusetzen, um die Pensionsstatistik zu schönen. Genau zu diesem Zeitpunkt starb die Sozialdemokratie wirklich. Eine Partei, die den Schwächsten der Gesellschaft die Solidarität verweigerte und sogar so zynisch war zu behaupten, sie würde all den Kranken, die sie aus der Rente holte und auf einen Arbeitsmarkt warf, der schon für Gesunde nicht ausreichend Arbeitsplätze bereitstellen kann, einen Gefallen tun, hatte damit die Grundprinzipien der Sozialdemokratie verraten.
Die Grundprinzipien der Sozialdemokratie waren grob gesagt: Solidarität; die Schaffung eines Sozialstaates, in dem niemand hungern, betteln oder kriminell sein muss; eine gerechte Beteiligung aller Bürger nach ihren finanziellen Möglichkeiten zur Finanzierung dieses solidarischen Sozialstaates; die rechtliche, finanzielle und gesellschaftliche Stärkung der Schwachen, also der Kinder, der Frauen, der Minderheiten und der Kranken und Behinderten.
All das hat die SPÖ mit der teilweisen Abschaffung der Invaliditätspension verraten. Für all das stand übrigens der langjährige Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Der hatte die „Reform“ maßgeblich ausgeheckt, der verteidigte diese Reform, der war sogar sehr stolz auf diese Reform. Bei der Bundespräsidentschaftswahl errang eben dieser Hundstorfer dann 11,28 Prozent der abgegebenen Stimmen. So wenig, wie noch nie zuvor ein Kandidat der SPÖ. Der Umgang Hundstorfers und seiner Partei mit den Kranken und Behinderten mag nicht wahlentscheidend gewesen sein, aber er war ein sichtbares Symptom eines moralischen Verfallsprozesses einer Partei, die sich selber aller Argumente beraubte, warum man sie und nicht die FPÖ oder sonstige Rechtsparteien wählen sollte.